Erste Group will Santander Bank und Fondsgesellschaft in Polen kaufen
Die in Wien börsennotierte Erste Group will in Polen einen beherrschenden Teil der Santander Bank und der dazugehörenden Fondsgesellschaft erwerben. Mit einem Kaufpreis von rund sieben Milliarden Euro wäre es in diesem Jahr der bisher größte Bankendeal in Europa.
Die Wiener Erste Group will dem spanischen Santander-Konzern 49 Prozent der ausstehenden Stammaktien an der Tochter Santander Bank Polska abkaufen. Die Absicht war bereits vor Tagen bekannt geworden. Nun wurde eine Vereinbarung unterzeichnet. Sie inkludiert auch 50 Prozent an der Fondsgesellschaft Santander Towarzystwo Funduszy Inwestycyjnych S.A. (TFI).
Bezahlt werden soll der vereinbarte Übernahmepreis von sieben Milliarden Euro "aus eigener Kraft", sprich von den Aktionären. Zum einen wird die Dividende auf maximal zehn Prozent des Nettogewinns für das Geschäftsjahr 2025 gekürzt, zum anderen soll das geplante Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 700 Millionen Euro gestrichen werden. Was sich aber aus Sicht der Verantwortlichen in der Erste Group rentiert: Man sichere sich den "Zugang zu einem der wachstumsstärksten und profitabelsten Bankenmärkte Europas", wie es heißt.
Gewinnsteigerung erhofft
Durch die Transaktion soll der Gewinn je Aktie (EPS) der Erste Group im Jahr 2026 um mehr als 20 Prozent steigen, teilt der Konzern mit. Bei der Verzinsung des materiellen Eigenkapitals (ROTE) sei statt der erwarteten 15 Prozent dann von 19 Prozent auszugehen.
Polen habe in den vergangenen 25 Jahren eine der höchsten realen BIP-Wachstumsraten in Europa verzeichnet und der Bankensektor des Landes sei im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Ländern unterversorgt. In der Erste Group würde durch den Kauf der Santander Bank Polska die gesamte Kundenbasis um rund 36 Prozent auf etwa 23 Millionen Kunden steigen.
Drittgrößte Bank im Land
Laut den Angaben ist die Santander Bank Polska die drittgrößte Bank Polens mit einem Marktanteil von über acht Prozent beim Transaktionsumfang (per Dezember 2024). Das Institut gehöre zu den profitabelsten Banken in Polen. Für die Bank sollen 6,8 Milliarden Euro bezahlt werden. 200 Millionen Euro fließen für die Übernahme des 50-Prozent-Anteils am Vermögensverwalter TFI. Dieser managte laut den Angaben per Ende 2024 Assets in Höhe von sechs Milliarden Euro. Die restlichen TFI-Anteile sollen weiter bei der Santander Bank Polska verbleiben.
Durch den Deal würde die Erste Group zur größten Aktionärin der Bank werden und die De-Facto-Kontrolle über die Santander Bank Polska erhalten, teilt die Erste Group mit. Als größte Einzelaktionärin kann sie Positionen im Aufsichtsrat besetzen und über das Gremium dann den Vorstand besetzen. Nach Abschluss der Transaktion würde die Santander Bank Polska zudem vollständig in der Bilanz der Erste Group konsolidiert werden.
Dem Deal muss die polnische Finanzaufsichtsbehörde (KNF) zustimmen, und es braucht eine kartellrechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission. Bei Zustimmung wird das Closing der Transaktion um das Jahresende 2025 erwartet.
Weiterer Deal
Zudem haben Erste und Santander angekündigt, dass sie im Rahmen eines Empfehlungsmodells global zusammenarbeiten möchten. Im Bereich Corporate und Investment Banking (CIB) wollen beide Banken wechselseitig die jeweiligen regionalen Stärken (Erste Group in Zentral- und Osteuropa, Santander Group in Großbritannien, Europa, Nord- und Südamerika) nutzen. Geplant sind "nahtlose Kundeninteraktion und Serviceangebote". Im Bereich Zahlungsverkehr will man nicht näher beschriebene "bedeutende Kooperationsmöglichkeiten" ausloten.
An der Börse kommen die Pläne gut an. Die Erste-Group-Aktie lege am Montag (5.5.) bis zum späten Vormittag um 6,5 Prozent zu. Santander stieg leicht. Die Spanier waren in den vergangenen Jahren an der Börse auf Abwärtskurs und notieren unter Buchwert. Skepsis gibt es unter anderem wegen der Instabilität in den lateinamerikanischen Ländern. (eml)