Fintech-Gründer: "Wir werden auch klassische Events veranstalten"
Robin Binder, Chef des neuen Fintechs NAO, im Interview mit FONDS professionell ONLINE über das Angebot seines "digitalen Family-Office", die Zielgruppe des Start-ups und die Frage, warum er ausgerechnet auf Aktienanleihen schwört.
Lange haben Risikokapitalgeber gerne hohe Summen in Start-ups investiert – auch in Fin- und Insurtechs. Im vergangenen Jahr wurden die Geldgeber vor allem im Zuge der Zinswende vorsichtiger: Laut Analyse der international tätigen Beratungsfirma Ernst & Young (EY) ging das Finanzierungsvolumen für deutsche Start-ups um satte 43 Prozent zurück.
Eines der jungen Unternehmen, die seitdem dennoch starten konnten, ist NAO aus Berlin. Das digitale "Family-Office für die Hosentasche" (O-Ton) möchte mit einem Mindestinvestment von 1.000 Euro auch weniger betuchten Anlegern Zugriff auf exklusive Assetklassen ermöglichen, die bisher angeblich nur Vermögenden offenstehen, wie Gründer und Geschäftsführer (CEO) Robin Binder FONDS professionell ONLINE im Gespräch erklärte.
Herr Binder, wie kamen Sie auf die Idee zur Gründung von NAO?
Robin Binder: Das hängt mit meinem beruflichen Werdegang zusammen, das müsste ich vorwegschicken.
Nur zu.
Binder: Ich habe vor zehn Jahren im Bereich Corporate Banking bei der Unicredit zu arbeiten begonnen. 2019 bekam ich von einem meiner Unternehmenskunden die Anfrage, ob ich nicht zu seinem Single-Family-Office wechseln wolle, das ich dann ab 2021 leitete.
Darf man fragen, wer der Unternehmer ist?
Binder: Vincent Bodo Andrin, Gründer und Gesellschafter der Agentur Liganova. Das Family-Office ist die Zeitgeist Group. Andrin ist auch unserer Hauptkapitalgeber. Insgesamt wurden 1,6 Millionen Euro in NAO investiert.
Danke, das wäre eine der nächsten Fragen gewesen.
Binder: Das Family-Office habe ich dann ab 2020 aufgebaut. Ich war dort für die Asset-Allokation zuständig, die ganz klassisch war: Core-Investments in den liquiden Märkten, dazu Alternatives wie Private Equity, Venture Capital oder auch Kunstwerke, weil Andrin selbst ein Kunstsammler ist. Dabei kam mir dann die Idee, ein solches, ähnliches Angebot auch weniger Vermögenden zu ermöglichen. Ihnen Zugang zu Assetklassen zu bieten, die wegen der hohen Einstiegshürden sonst nicht für sie investierbar sind, die aber zur Diversifikation eines Portfolios und für den langfristigen Vermögensaufbau nötig sind.
Welche Assetklassen sind das genau?
Binder: Im Moment bauen wir unsere Plattform und die angebotenen Investments weiter aus. Wir sind ja erst im Mai live gegangen. Daher bieten wir zunächst nur Aktienanleihen an, die auf unser Veranlassen individuell für uns durch die Unicredit zur Zeichnung angeboten und dann emittiert werden. So wurden bereits über 20 Produkte bei uns umgesetzt. Nur ein Beispiel: Wir bieten aktuell eine auf der Sixt-Aktie basierende Aktienanleihe mit einem Kupon von neun Prozent per annum an. In Zukunft sollen aber auch alternative Investments wie beispielsweise Kunst, Hedgefonds, Venture Capital, Immobilien oder Private Equity kommen, die wir mit dem gebündelten Anlegergeld kaufen, das in Zeichnungsphasen gebündelt wird, und so die Hürden der hohen Mindestinvestments nehmen. Hierbei werden wir mit Privatbanken und Produktgebern kooperieren.
Haben Sie für die letztgenannten Assets schon ein konkretes Angebot?
Binder: Wir planen gerade ein zusätzliches Angebot, das bald veröffentlicht wird. Mehr möchte ich dazu aber im Moment nicht verraten.
Gut, aber warum beginnen Sie ausgerechnet mit einer Aktienanleihe? Zumal das kein exklusives Produkt ist, zu dem nur vermögende Anleger Zugang hätten. An der Börse Stuttgart sind Tausende Aktienanleihen gelistet.
Binder: Das ist genau das Problem. Es ist sehr zeitaufwendig und mühsam, in dieser Masse die richtige zu finden. Dazu kommen die Transaktionskosten und die Geld-Brief-Spanne. Da ist der Weg einfacher, über die Unicredit eine Anleihe exklusiv zu emittieren. Abgesehen davon sind solche Reverse Convertibles ein sehr unterschätztes Produkt. Man bekommt Exposure zu Aktien, gleichzeitig sichern sie einem viel Liquidität. So zahlt die von uns emittierte Anleihe den Kupon anteilig jeden Monat aus.
Wie kann man bei NAO investieren?
Binder: Man muss sich registrieren, aktuell in der App und künftig über den Computer, und ein Konto einrichten. Und natürlich entscheiden, in welche Produkte man investieren möchte. Das geht alles automatisch über eine komplett digitale Strecke.
Wer ist Ihre Zielgruppe und wie wollen Sie diese erreichen?
Binder: Wir richten uns an Haushalte mit einem Vermögen von 100.000 bis eine Million Euro. Die möchten wir über Instagram oder Google ansprechen, wobei wir keine klassische Werbung schalten, sondern auf Inhalte zu den Investments und Assetklassen setzen. Daneben werden wir klassische Events mit bekannten Rednern veranstalten, zu denen wir potenzielle Kunden einladen.
Was sind die Kosten? Sie möchten ja schließlich auch Geld verdienen.
Binder: Es gibt keine Depot- und Transaktionskosten. Stattdessen erhalten wir von den Emittenten der von uns angebotenen Produkte eine Vermittlungsprovision im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Die genaue Höhe dieser Provision variiert je nach Produkt und Laufzeit der Produkte und liegt bei Aktienanleihen zwischen 1,0 und 1,5 Prozent. Die nötige Anlagevermittlungslizenz liefert uns die Donau Capital Wertpapier, deren Haftungsdach wir als Tied Agent nutzen.
Wir danken für das Gespräch. (jb)