Grüne Klassik-Policen: Bafin startet Konsultation
Nachhaltige Lebensversicherungsprodukte umfassen aktuell fast ausschließlich grüne Fondspolicen. Klassische Lebenspolicen sind nicht darunter, weil die Versicherer ESG-Investitionen im Sicherungsvermögen nicht direkt einem Tarif zuordnen können. Das möchte die Bafin mit einem Merkblatt ändern.
Bereits seit dem 10. März 2021 gilt europaweit die Offenlegungsverordnung, kurz SFDR, für Finanz- und Versicherungsanlageprodukte. Die Produktgeber müssen seit über zwei Jahren über zwei Themenkategorien Auskunft geben, die "Nachhaltigkeitsrisiken" und die "negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren" (Principal Adverse Impact Indicators, PAIs).
Ferner müssen sie ihre Produkte gemäß SFDR in drei Kategorien einteilen: "Normale" Produkte nach Artikel 6 und nachhaltige nach Artikel 8 oder 9. Für Asset Manager ist diese Einteilung ihrer einzelnen Fonds zwar mit Arbeit verbunden, grundsätzlich aber machbar – anders bei klassischen Lebensversicherern. Und hier möchte die Finanzaufsicht Bafin mit einem neuen Merkblatt Hilfestellung geben, das sie bis zum 9. Juni zur Konsultation gestellt hat.
Offenlegungsverordnung ignoriert deutsche Klassik-Policen
In der Einleitung des Entwurfs zum "Merkblatt 08/2023 (VA) zur Anwendung des Zuordnungsansatzes durch Lebensversicherungsunternehmen im engeren Sinne sowie Pensionskassen und Pensionsfonds im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung" führt die Behörde aus, dass die Verordnung keine Regeln für die deutsche "klassische Lebensversicherung" enthalte.
Diese nehme in Europa eine Sonderstellung ein, da die Grundlage für alle nicht-fondsgebundenen Produkte oder Tarife eines Versicherers eine gemeinsame Kapitalanlage ist, die wiederum zum größten Teil dem Sicherungsvermögen und zu einem kleineren Teil dem freien Vermögen zugeordnet ist. Ein Lebensversicherer kann daher in aller Regel einem ESG-Produkt nicht direkt bestimmte ökologisch oder sozial nachhaltige Investitionen zuordnen. Das ist aber Voraussetzung für die Einstufung als Artikel-8- oder Artikel-9-Produkt.
Zuordnungsansatz
Zur Lösung dieses Problems schlägt die Bafin zumindest für neue Produkte, die mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen beworben werden, einen "Zuordnungsansatz" vor: Die Gesellschaften sollen die Summen der einzelnen Sparbeiträge verschieden Assets direkt zuordnen. Die Anwendung des Ansatzes ist aber freiwillig.
Das soll über zwei Wege möglich sein: Zum einen müssen neue Investitionen direkt mit den Beiträgen und Produkten verknüpft werden. Zum anderen sollen bestehende Assets ebenfalls proportional zu bestimmten Tarifen zugeschlüsselt werden können, sofern das möglich ist. "Proportionale Zuordnung bedeutet, dass von den restlichen, nicht ausgeschlossenen Vermögenswerten den Produkten bzw. Produktgruppen mit Zuordnungsansatz jeweils ein fester Anteil zugeordnet wird, der je Produkt bzw. Produktgruppe für alle restlichen, nicht ausgeschlossenen Vermögenswerte identisch ist", schreibt die Bafin. (jb)