Während die Avancen der Mailänder Großbank Unicredit bei der Commerzbank auf Widerstand stoßen, sind zwei weitere Übernahmen bereits beschlossen. Die niederländische ABN Amro, die hierzulande über die Bethmann Bank aktiv ist, kauft dem chinesischen Konglomerat Fosun die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe ab. Die BNP Paribas wiederum erwirbt das Geschäft mit vermögenden Kunden der HSBC Deutschland.

Doch welche Reize des hiesigen Marktes ziehen Niederländer und Franzosen gleichermaßen an? "Deutschland ist nach wie vor der größte Markt in Europa", sagt Oliver Mihm, Gründer und Chef der auf Finanzdienstleister spezialisierten Beratungsgesellschaft Investors Marketing, im Gespräch mit FONDS professionell. "Daher bleibt er weiterhin spannend für ausländische Institute."

Gut Geld verdienen
Insbesondere das Private Banking sei grundsätzlich interessant. "Die Risiken sind recht gering, und eine Bank kann damit relativ gut Geld verdienen", erläutert Mihm. Allerdings würden die Institute eine große Plattform benötigen. "Mit kleinen Volumen ist es aufgrund der steigenden Kosten für IT und Regulierung schwieriger geworden, Geld zu verdienen."

Dementsprechend würden die Banken danach trachten, die betreuten Vermögen zu steigern – entweder durch die Übernahme von Beratern, kompletten Teams oder ganzen Instituten. Organisches Wachstum falle den in Deutschland beheimateten Instituten leichter, da sie beispielsweise über das Firmenkundengeschäft bereits Zugang zu Unternehmerfamilien haben. "Diesen Vorteil haben viele ausländische Institute nicht", erläutert Mihm.

An Grenzen gestoßen
BNP Paribas baut das Geschäft hierzulande seit Jahren organisch selbst auf – stieß aber an Grenzen. Hierzulande sind die Franzosen vor allem mit dem Direktinstitut Consorsbank aktiv. "Aus der im Online-Brokergeschäft beheimateten Consorsbank gewinnt man, wie bei vergleichbaren anderen Häusern, kaum Kunden für das Private Banking", erläutert Mihm. Diese Kundengruppe besteht meist aus überzeugten Selbstentscheidern. "Für die BNP Paribas passt der Zukauf gut ins Konzept", folgert der Marktkenner.


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Beim Zusammengehen von Bethmann Bank mit Hauck Aufhäuser Lampe wiederum stellt sich die Frage, was mit dem Asset-Management-Zweig passiert. "Die Synergien zwischen Private Banking und Asset Management sind nicht so groß", erläutert Mihm. "Das Asset Management von Hauck Aufhäuser Lampe wäre theoretisch abtrennbar, und es gäbe einen Markt dafür." Es sei aber auch gut möglich, dass ABN Amro das Geschäft weiterführe, da es eine gewisse Größe aufweise.

Beide Käufer stehen zudem vor einer Herausforderung. "Das Kernthema ist, die Teams zu behalten", sagt Mihm. "Sobald ein Zusammenschluss bekannt gegeben wird, werden die anderen Institute hellhörig und wollen Berater abwerben." Im Gegenzug würden Halteprämien bezahlt, die 30 bis 50 Prozent des Gehalts auf zwei Jahre ausmachen können, berichtet der Branchenkenner.

Drohende Abwanderung
Bei HSBC und BNP Paribas rechnet Mihm unter anderem wegen der unterschiedlichen regionalen Aufteilung nicht damit, dass viele Mitarbeiter abspringen. "Bei Bethmann ist die Gefahr von Abwanderungen auf dem Papier dagegen größer." Hier existiere bereits ein bundesweit umfassend aufgestelltes Private-Banking-Geschäft mit Standortredundanzen in der neuen Konstellation. "Das Institut hat aber in der Vergangenheit bewiesen, dass es viel Erfahrung bei der Integration anderer Häuser hat", betont Mihm.

Das Risiko, dass Kunden aufgrund der Übernahmen abwandern, sieht der Bankenexperte dagegen nicht, "da die neuen Eigentümer bekannte Marken sind". Mit Blick auf die bisherigen chinesischen Eigner von Hauck Aufhäuser Lampe könne der neue Eigentümer "sogar eher noch eine positive Wirkung entfalten", meint Mihm. (ert)