"Am 'Liberation Day' gab es keinen Crash"
Die Anlagestrategien von Empureon Capital basieren auf der Volatilität am Aktienmarkt. Im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE erläutern zwei Manager der Investmentboutique ihr Konzept, was Donald Trump für die Strategie bedeutet – und warum der "Liberation Day" halb so schlimm war.
Vor gut zwei Jahren gründeten die vier Ex-Feri-Trust-Manager Daniel Lucke, Florian Astheimer, Ahmet Peker und Erik Wille ihre Asset-Management-Boutique Empureon Capital. Das Quartett hatte zuvor die Volatilitätsstrategien des Bad Homburger Vermögensverwalters gemanagt, darunter den aktuell knapp 1,3 Milliarden Euro schweren Publikumsfonds Optoflex.
Der dann Ende Juli 2023 lancierte Empureon Volatility One Fund folgt im Prinzip dem gleichen Konzept wie die Feri-Strategien und zielt auf die Vereinnahmung von Volatilitätsprämien aus S&P-500-Put-Optionen. Mittlerweile berät Empureon zudem eine ESG-Variante des Volatility One sowie zwei Aktienfonds mit Prämienkomponente. Daniel Lucke und Ahmet Peker erläutern im Interview mit FONDS professionell ONLINE ihren Investmentansatz – und erklären, welche Rolle die Unruhe, die seit Donald Trumps Amtsantritt herrscht, für ihre Fonds spielt.
Herr Lucke, Herr Peker, Begriffe wie Options- oder Volatilitätsstrategie sind auch für Anlageprofis nicht leicht zu verstehen. Vielleicht beschreiben Sie kurz, wie Sie vorgehen.
Daniel Lucke: Im Endeffekt funktioniert der Empureon-Volatilitäts-Ansatz wie ein Versicherer für Aktienmarktrisiken. Marktteilnehmer können sich so gegen Kursrückgänge absichern. Das ist natürlich nicht umsonst, es werden Put-Optionen gegen eine attraktive Prämie verkauft – von der unsere Investoren profitieren. Das Geschäftsmodell ist sehr stetig, da die realisierte Volatilität zumeist niedriger ist als die implizite Volatilität, auf der die vereinnahmten Optionsprämien basieren. Das Risikoprofil ist asymmetrisch, das heißt: Wenn die Märkte nicht crashen, vereinnahmt man die Prämie. Sollte es runtergehen, muss gezahlt werden. Allerdings sind zwei Absicherungen zur Risikoreduzierung im Portfolio.
Wie sieht die Strategie im Detail aus?
Ahmet Peker: Bei unserem Flaggschifffonds, dem Empureon Volatility One, werden Put-Optionen, sogenannte Short-Puts, auf den S&P 500 Index verkauft, beim nachhaltigen Empureon Volatility Screened entsprechend auf den S&P 500 Scored and Screened. Damit generieren die Fonds Einnahmen. Die Hälfte davon werden für Absicherungen, die aus zwei Komponenten bestehen, ausgegeben: zum einen weit aus dem Geld liegende Put-Optionen, zum anderen Call-Optionen auf den Vix-Index, der die Volatilität des S&P 500 misst. Damit partizipieren die Fonds an starken Marktrücksetzern und reduzieren das Downside-Risiko. Die beiden anderen Fonds, der Empureon US Equity und der erst im März lancierte Empureon Europe Equity, bilden zunächst den S&P 500 beziehungsweise den Stoxx Europe 600 weitgehend passiv ab, ergänzen diese aber mit der beschriebenen Optionsstrategie mitsamt der Absicherungskomponente. Historisch betrachtet erzielte diese Absicherung etwa im Corona-Crash 2020 so viel Performance, dass die Gesamtentwicklung positiv war.
Volatilität ist eine Risikokennzahl. Ihre Anlagestrategie basiert demnach auf dem Risiko an den Aktienmärkten. Das meint also, dass hohes Risiko gut für Ihre Strategie ist?
Lucke: Das ist an sich richtig für die implizite Volatilität. Ist diese hoch, sind die Prämien, die die Empureon-Fonds für das Verkaufen von Optionen erhalten, ebenfalls hoch. Noch spannender ist aber die Differenz zwischen impliziter und realisierter Volatilität für uns. Wir haben in unserer Karriere schon Phasen erlebt, in denen wir eine niedrige implizite Volatilität hatten, was aber kein Problem war, weil die realisierte Volatilität noch viel niedriger war. Wichtig ist vor allem, dass der Abstand zwischen eingetretenem Risiko und eingepreistem Risiko ausreichend groß und stabil bleibt.
Dennoch, Sie müssen doch sehr zufrieden sein mit der Handels- und Wirtschaftspolitik der aktuellen US-Regierung.
Lucke: Die Optionen werden grundsätzlich nicht auf Basis unserer Einschätzung allokiert, sondern systematisch sowie prognosefrei und mit systematischer Absicherung. Die Szenarien sind also im Blick, agiert wird aber nicht auf deren Basis. In Bezug auf Trump: Die Politik des US-Präsidenten klingt vom Grundsatz her wirtschaftsfreundlich, wenn er sie so umsetzt wie geplant. Er möchte die Steuern für Unternehmen senken, was deren Gewinne treibt und sich entsprechend auf deren Börsenkurse auswirken sollte. Die Hauptlinien seiner Politik sollten daher keinen Gegenwind für unsere Strategie produzieren. Wenn Trump mit Zolldrohungen und dem ganzen Säbelrassen gegenüber anderen Staaten, insbesondere China, für etwas Stress sorgt, ohne zu hohe Marktschwankungen auszulösen, ist das gut für uns.
Allerdings haben solche Zolldrohungen das Potenzial, einen Kurssturz zu verursachen, wie man am "Liberation Day" Anfang April sehen konnte. Diese Marktverwerfung hat auch im Volatility One zu einem temporären Wertrückgang geführt.
Peker: Eine solche Bewegung ist systemkonform. Zum besseren Verständnis sollten wir aber kurz durchgehen, was verschiedene Marktsituationen für den Fonds bedeuten. Steigende Aktien sind gut für die Fonds, weil die Short-Puts wertlos verfallen und man die Prämie behalten kann. Das Gleiche passiert bei seitwärts laufenden Märkten. Sehr stark fallende Märkte sollten wegen der Absicherungen auch kein Problem sein, zu Corona-Zeiten ließen sich damit wie berichtet sogar Gewinne erzielen. Mittelstarke Drawdowns wie im März und April sind dagegen nicht das Idealszenario. Dann passiert Folgendes: Die Short-Puts laufen ein bisschen ins Geld und erzeugen damit Verluste. Aber der Markt fällt nicht wirklich stark, es herrscht nicht genug Angst und Panik, dass die Absicherungen greifen.
Aber die Märkte sind im April doch richtig ins Rutschen geraten.
Lucke: Nach dem "Liberation Day" gab es ein Marktumfeld, in dem der S&P 500 zwar spürbar korrigierte, aber keinen Crash. Ähnliche Verläufe beim S&P 500 und dem Vix gab es etwa im vierten Quartal 2018. Die Nervosität und damit die implizite Volatilität steigt also nicht stark an, sodass die in unseren Fonds enthaltenen Optionen zwar positive Wertbeiträge erzielten, aber nicht genug, um den Empureon Volatility One insgesamt ins Plus zu hieven. Eine solche Marktphase ist übrigens zwar herausfordernd, aber nicht existenziell. Sie führte bei uns und den Investoren zu keiner Überraschung. Die Performance des Fonds seit Anfang April zeigt auch, dass sich die Strategie in solchen Phasen sehr gut durch Wertaufholung und einen Anstieg der zu vereinnahmenden Prämien erholt.
Mal abgesehen von Aktienmarktrisiken: Welche anderen Risiken gibt es noch, die für Sie interessant sind? Etwa die Zinsentwicklung?
Peker: Nein. Zinsen sind für uns kein großes Risiko. Da die Strategien mit Derivaten umgesetzt werden, besteht zu deren Absicherung ein hoher Anleihenbestand. Dieses Portfolio ist sehr sicherheitsorientiert und enthält nur deutsche und andere europäische Staatsanleihen mit Top-Rating, im Durchschnitt aktuell "AA+", mit einer sehr kurzen Duration von unter 0,5. Nach der Zinswende konnte man dadurch auch wieder attraktivere Zinsen vereinnahmen, die seither allerdings auch wieder gesunken sind. Sinkende Zinsen bedeuten jedoch, dass unsere Fonds noch interessanter für Investoren werden.
Wir danken für das Gespräch. (jb)