Bei der privaten Wohnimmobilienfinanzierung sei die Talsohle zwar durchschritten, doch "von einer Trendumkehr können wir nicht sprechen", sagte Matthias Neth, Sparkassen-Präsident von Baden-Württemberg, im Interview mit "Bloomberg News". "Es könnte Jahre dauern, bis wir bei den Finanzierungen wieder das Niveau erreichen, was wir beispielsweise noch 2022 gesehen haben."

Die Zusagen für private Wohnkredite beliefen sich bei den 50 baden-württembergischen Sparkassen in den ersten zehn Monaten 2024 auf 7,8 Milliarden Euro. Das ist zwar mehr als die sechs Milliarden Euro 2023, aber deutlich weniger als die 11,8 Milliarden Euro 2022, jeweils bezogen auf die ersten zehn Monate. Ein Grund für den Einbruch im Vorjahr waren die gestiegenen Zinsen.

"Hier muss der Staat Maßnahmen ergreifen"
Neth zufolge reicht das, was "derzeit an Wohnungen finanziert und gebaut wird, nicht, um den Bedarf an Wohnraum zu decken", wie er sagte. Das inzwischen gesunkene Zinsniveau ist seiner Meinung nach nicht der entscheidende Faktor, um die Nachfrage wieder anzukurbeln. "Es fehlt Bauland, die Baukosten sind zu hoch, und staatliche Förderungen sind für Hausbauer kaum planbar", sagte Neth. "Hier muss der Staat Maßnahmen ergreifen." Es komme letztlich sehr darauf an, wie sich bei diesen Fragen die nächste Bundesregierung positioniere.

Optimistischer ist Neth bei den Preisen für Wohnimmobilien. Der Abwärtstrend sei gestoppt. Die Preise seien stabil und würden teilweise sogar anziehen, vor allem in Groß- und in Universitätsstädten.

Schlechtere Kreditportfolien
Neben privaten Wohnimmobiliendarlehen zählen auch Unternehmenskredite zum Geschäft der Sparkassen. Hier gibt es ebenfalls Gegenwind. "Die Insolvenzen in Baden-Württemberg haben deutlich angezogen. Das ist ein Fakt, damit müssen wir umgehen", sagte Neth. "Die Kreditportfolien verschlechtern sich peu à peu." Insolvenzen führen oft zu Kreditausfällen.

Deutschlandweit kletterte die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen allein im November um 12,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Mit Ausnahme des Juni 2024 liegt die Zuwachsrate damit seit dem Juni 2023 im zweistelligen Bereich. Für die Sparkassen in Baden-Württemberg sind die Entwicklungen laut Neth aber gut verkraftbar. Sie hätten sich in den letzten Jahren auf schwierige Phasen vorbereitet und ihr Eigenkapital deutlich gestärkt.

Im Neugeschäft macht Neth derweil eine große Zurückhaltung der Unternehmen aus. "Die Sparkassen sind willens mehr zu finanzieren, aber die Unternehmen investieren kaum", sagte er. Seiner Meinung nach braucht Deutschland einen stärkeren Fokus auf Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit.

Demografischer Wandel 
Herausforderungen sieht Neth auch im demografischen Wandel. "Bei den baden-württembergischen Sparkassen werden in den nächsten zehn Jahren im Schnitt rund 27 Prozent der Mitarbeiter in Rente gehen", sagte er. "Es ist leider nicht so, dass wir nur schnipsen müssen und dann kommen alle", so Neth. "Wir müssen um Talente werben, sind beispielsweise mehr bei Social Media aktiv." Dazu passt auch seine Einschätzung, dass der Stellenabbau bei den baden-württembergischen Sparkassen der vergangenen Jahre vorbei ist. "Ich glaube nicht, dass die Mitarbeiterzahlen weiter sinken werden."

Hatten die Sparkassen in dem Bundesland 2013 noch 36.000 Mitarbeiter, so waren es 2022 nur noch knapp 30.000. Im vergangenen Jahr ist die Zahl dann erstmals wieder leicht angestiegen. "Das liegt auch daran, dass wir in vielen Bereichen mehr Personal brauchen. Ich denke da an Banksteuerung, Compliance oder auch an Themen rund um Nachhaltigkeit", erklärte Neth. (mb/Bloomberg)