Strafzinswelle ebbt ab
Nie zuvor haben derart viele Banken ihren Kunden Verwahrentgelte für Guthaben aufgebrummt. Allerdings sieht es so aus, als ob die Geschwindigkeit nachlässt, mit der weitere Geldhäuser "Strafzinsen" einfordern, wie eine aktuelle Analyse zeigt.
Das Ende der Fahnenstange scheint bald erreicht: So viele Banken wie noch nie verlangen von ihren Kunden Negativzinsen für Einlagen auf ihren Girokonten. Zugleich zeichnet sich aber ab, dass die Zahl der Institute, die die euphemistisch "Verwahrentgelte" genannten Strafzinsen erheben, nicht mehr so schnell weiter steigen wird. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) unter Berufung auf eine Auswertung des Verbraucherportals Biallo, die ihr exklusiv vorliegt. Auch die Freibeträge, ab der die Kunden Negativzinsen zahlen müssen, sinken nicht mehr so flächendeckend.
Im Detail ergab die Analyse, dass mittlerweile 561 Banken und Sparkassen in Deutschland von Privatkunden Negativzinsen verlangen – ein neuer Höchststand. Die ersten Institute starteten damit 2014, nachdem der damalige EZB-Präsident Mario Draghi für Einlagen der Banken bei der EZB Negativzinsen eingeführt hatte. Zuletzt seien immer weniger Geldhäuser auf den "Strafzins-Zug" aufgesprungen, wie aus der Analyse hervorgeht. Für Privatkunden gab es zudem anfangs sehr hohe Freibeträge. Aktuell liegen diese mehrheitlich bei 50.000 Euro oder weniger. Knapp 14 Prozent aller Banken gewähren einen Freibetrag von nur noch 10.000 Euro oder darunter.
EZB und Gerichte sorgen für Abebben der Negativzinsen
Für diese Entwicklung gibt es der Zeitung zufolge zwei Gründe: Zum einen fürchten offenbar zumindest einige Banken die Rechtsrisiken, die nach zwei Gerichtsentscheiden gegen Negativzinsen dräuen Zum anderen verbleiben manche Geldhäuser auch wegen der Signale aus der Europäischen Zentralbank (EZB) in Wartestellung: Die Notenbank schließt zumindest nicht mehr kategorisch aus, noch 2022 die Leitzinsen zu erhöhen und damit auch die Negativzinsen für Banken und damit letztlich auch für deren Kunden abzuschaffen.
Zudem geht aus der Auswertung hervor, dass Negativzinsen längst nicht bei allen Banken gleich weit verbreitet sind. So sei die Durchdringung bei den Direktbanken mit mehr als 75 Prozent am höchsten, gefolgt von den überregionalen Banken mit 65 Prozent. Erst danach kommen mit 49 Prozent die Sparkassen und die Volks- und Raiffeisenbanken mit 41 Prozent. Auch je nach Bundesland gibt es Unterschiede: Besonders hoch ist der Anteil der "Strazins-Kassierer" laut FAZ mit 72 Prozent in Berlin und Brandenburg. (jb)