Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hatte der Allianz eine Klausel in Fondspolicen untersagt, die bei sinkenden Renditen die Senkung des Rentenfaktors vorsah – die Richter stuften das als unangemessene Benachteiligung der Kunden ein. In der ersten Instanz vor dem Landgericht (LG) Stuttgart hatte die Allianz im Sommer 2023 noch Recht bekommen.

Inzwischen hat die Allianz das OLG-Urteil geprüft. "Das Urteil ist nicht rechtskräftig, wir haben Revision vor dem BGH eingelegt", sagte ein Sprecher gegenüber FONDS professionell ONLINE. Ein Termin für die Revisionsverhandlung stehe noch nicht fest. Erfahrungsgemäß könne das einige Monate dauern.

Rentenfaktor bei schlechtem Anlageergebnis einfach absenken?
Worum geht es genau? Die strittige Klausel erlaubt es der Allianz im Falle einer bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Absenkung der Rendite der Kapitalanlagen den Rentenfaktor herabzusetzen. Verbraucherschützer störten sich daran, weil die Klausel weder eine Verpflichtung vorsehe, die Rente bei einer Verbesserung der Umstände wieder zu erhöhen, noch dem Verbraucher die Möglichkeit einräume, nach erfolgter Anpassung mit zusätzlichen Beiträgen das Rentenniveau wieder anzuheben.

Betroffen könnten laut dem Allianz-Sprecher kapitalmarktnahe Verträge sein, die zwischen Juli 2001 und Juni 2013 abgeschlossen wurden. "Die Absenkung des Rentenfaktors war von einem unabhängigen Treuhänder geprüft und für erforderlich sowie angemessen gehalten worden", so der Sprecher weiter. Unter bestimmten Voraussetzungen sei laut Allianz auch eine Wiederanhebung ab Rentenbeginn möglich.

Garantiezusagen und Überschussbeteiligung nicht betroffen
Hintergrund: Bei Fondspolicen kann ein Versicherer für die Rentenphase keine Verzinsung garantieren, weil er nicht weiß, wie sich die gewählten Fonds entwickeln. Um Kunden eine Orientierung zu bieten, sagen viele Anbieter einen garantierten Rentenfaktor zu. Dieser Faktor gibt an, wie viel Euro Monatsrente ein Kunde für jeweils 10.000 Euro Fondsguthaben erhält. Allerdings ist der Faktor nur in wenigen Fällen fix und garantiert: Die Versicherer bauen mit Hilfe von Vertrags- oder Treuhänderklauseln vor, um den Faktor unter bestimmten Umständen senken zu können.

In Bezug auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Allianz erklärte der Sprecher: "Die Absenkung griff nicht in unsere Garantiezusagen ein, auch die Überschussbeteiligung wird von der Anpassung des Rentenfaktors nicht beeinflusst." Der Rentenfaktor habe Einfluss auf einen Teil der zukünftigen Rentenleistung, der zu Rentenbeginn berechnet wird und ab dann garantiert ist. "Entscheidend bei einer Rentenzahlung ist aber die Gesamtrente, die aus der ab Rentenbeginn garantierten Rente und einem zusätzlichen Betrag aus der Überschussbeteiligung besteht", ergänzt der Sprecher.

BGH hat wieder das letzte Wort
Bereits im letzten Herbst hatte sich der BGH mit den AVB des kapitalmarktnahen Produktes "Allianz Perspektive" beschäftigt und dessen Überschuss-Systeme letztlich als fair eingestuft – anders als zuvor das OLG Stuttgart (Az. IV ZR 436/22 – externer Link). Das oberste deutsche Zivilgericht bestätigte damit die Wirksamkeit des Überschussbeteiligungs-Systems und damit auch die Ermittlung und Zuteilung der Überschüsse für Kunden unterschiedlicher Jahrgänge und Tarife in vollem Umfang. (dpo)