Trotz Frauenquote: Deutschland verliert Managerinnen
Noch immer sind Frauen in den Führungsetagen deutscher Unternehmen deutlich seltener vertreten als Männer. Zudem verabschieden sie sich auch schneller wieder aus Top-Positionen. Das muss sich ändern, findet das Karrierenetzwerk Fondsfrauen.
Da waren es wieder zwei weniger: Im Juni dieses Jahres trat die Finanzchefin des Hamburger Hafens, Tanja Dreilich, zurück. Etwa zeitgleich verließ Christiana Riley den Vorstand der Deutschen Bank, die damit nur noch eine Frau in ihrer Führungsriege zählt. Riley folgte der ETF-Managerin Fiona Bassett, die das Geldinstitut wenige Wochen zuvor verlassen hatte.
Die Abgänge sind ein Beleg für die Schwierigkeiten deutscher Unternehmen, weibliche Talente zu rekrutieren und zu halten, befindet die Nachrichtenagentur "Bloomberg". Dabei sitzen hierzulande in den Chefetagen börsennotierter Firmen Studien zufolge so viele Frauen wie nie zuvor.
Höchster Frauenanteil seit 2013
Nach Daten des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY stieg die Zahl der Managerinnen im Vorstand der Dax-Unternehmen im ersten Halbjahr 2023 auf 120 und damit auf den höchsten Stand seit Beginn der Auswertung vor zehn Jahren. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Organisation Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar). Aber: Weibliche Führungskräfte sind weiterhin in der Minderheit – und sie verabschieden sich auch schneller wieder aus ihren Top-Positionen.
Ende 2022 lag der Frauenanteil in den Vorständen der 160 Unternehmen, die in den Leitindizes Dax, M-Dax und S-Dax gelistet sind, "Bloomberg" zufolge bei weniger als 16 Prozent. Männer verbleiben im Durchschnitt mehr als fünfeinhalb Jahre in einer Vorstandsposition. Die Frauen, die seit Beginn dieses Jahres aus deutschen Vorständen ausgeschieden sind oder ihren Rücktritt angekündigt haben, hatten ihre Position im Schnitt weniger als drei Jahre inne.
Eine Regel, viele Ausnahmen
Viele Firmen hätten diese Missstände nur langsam in Angriff genommen, schreibt "Bloomberg". Seit 2016 sind die größten börsennotierten Unternehmen verpflichtet, mindestens 30 Prozent der neu zu vergebenden Aufsichtsratssitze mit Frauen zu besetzen. Während verbindliche Geschlechterquoten für Vorstände jahrelang heftig umstritten waren, einigte sich die Regierungskoalition 2021 schließlich darauf, dass bestimmte börsennotierte Unternehmen mindestens eine Frau in ihrer Führungsriege haben sollten. Doch die Regel hat so viele Ausnahmen, dass sie derzeit für weniger als 70 Unternehmen gilt.
Antiquierte Vorstellungen über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind ein Grund für die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen. Ein weiterer Faktor sind veraltete Rollenvorstellungen. Das muss sich ändern, findet das Karrierenetzwerk Fondsfrauen, das sich aktiv für die Förderung von Frauen in der Finanzbranche engagiert.
Jetzt Favoriten nominieren
Mit dem im Jahr 2019 aus der Taufe gehobenen Fondsfrauen Award werden seitdem Frauen, Männer und Unternehmen ausgezeichnet, die sich für mehr Gender Diversity tatkräftig einsetzen. Der Award, bei dem FONDS professionell Medienpartner ist, wird auch dieses Jahr wieder im Herbst verliehen. Unter fondsfrauen-award.com können Sie noch bis zum 1. September Ihre Favoriten in fünf Kategorien nominieren. (Bloomberg/am)