Trotz des schwierigen Börsenumfelds im Jahr 2022 konnten rund drei Viertel der unabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland die Zahl der Kunden steigern, teils sogar deutlich. Das ergab eine Umfrage der Technischen Hochschule Aschaffenburg unter mehr als 150 Unternehmen der Branche. Dies ist die zehnte Studie des Instituts für Vermögensverwaltung (InVV), bei der die Wissenschaftler den Markt für Vermögensverwalter beleuchten. Rund 400 Unternehmen sind Schätzungen zufolge in dem Markt hierzulande aktiv.

Zwischen 63 und 94 Prozent der befragten Häuser konnten im vergangenen Jahr einen Anstieg bei der Zahl ihrer Kunden verbuchen. "Diese Werte unterscheiden sich je nach der Größe der Unternehmen", sagt Professor Hartwig Webersinke, der das InVV leitet, einer Mitteilung der V-Bank zufolge. "Den größten Zuwachs erzielten die Vermögensverwaltungen mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 500 Millionen Euro und dem wohl höchsten Bekanntheitsgrad." Mit einem Kundenanteil von 42 Prozent vertrauen zudem immer mehr Frauen ihr Geld den Vermögensprofis an.

Personalsuche
Bemerkenswert sei dieser Zuwachs bei der Kundenzahl, weil bereits im Vorjahr 2021 ein sehr starker Anstieg zu verzeichnen war. Die befragten Vermögensverwalter gehen mit überwältigender Mehrheit davon aus, dass sich dieses Wachstum im laufenden Jahr fortsetzen wird. So rechnen zwischen 68 und 97 Prozent der Teilnehmer mit weiter steigenden Kundenzahlen bis Ende 2023. "Die unabhängige Vermögensverwaltung in Deutschland bleibt eine starke Wachstumsbranche", meint Webersinke. "Und dafür braucht sie weiter neue und hoch qualifizierte Mitarbeiter", ergänzt der Institutsleiter.

Die Personalgewinnung stelle daher für knapp drei Viertel der Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro an verwaltetem Vermögen die wichtigste unternehmerische Herausforderung dar. Steigende Kosten, nicht zuletzt im Rahmen zunehmender Regulierung, machen über einem Drittel der Unternehmen zu schaffen, so die Studienergebnisse. Auch das Thema ESG stößt der Umfrage zufolge auf wenig Gegenliebe: Rund 40 Prozent der Teilnehmer sehen es kritisch, während rund 15 Prozent positive Aspekte an den ESG-Vorgaben erkennen.

Wenig Junge
Schwächen offenbart die Branche bei Kunden, die jünger sind als 50 Jahre. Rund zwei Drittel der Mandanten haben ihren 50. Geburtstag hinter sich, so ein Ergebnis der Umfrage. Ein Grund dürfte sein, dass Kunden erst ab einem gewissen Alter genug Geld haben, um einen unabhängigen Vermögensverwalter zu engagieren. Zum anderen erfordert eine jüngere Zielgruppe eine entsprechende und moderne Ansprache. "Mit der Gewinnung von jüngerem Personal und dank der zunehmenden Digitalisierung könnte sich hier bald etwas zum Besseren bewegen", meint Webersinke. (ert)