Der Netfonds-Konzern ermöglicht Beratern den Bezug von Bestandsprovisionen auch im Zusammenhang mit einer Vermögensverwaltung (VV). Entsprechende Informationen von FONDS professionell ONLINE bestätigte das Hamburger Unternehmen auf Anfrage der Redaktion, wollte sich aber nicht näher zum Thema äußern.

Dass Provisionen für eine Fonds-VV fließen, ist erstaunlich – auf den ersten Blick verbietet das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) entsprechende Zahlungen nämlich. Seit der Umsetzung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II im Jahr 2018 heißt es in Paragraf 64 WpHG: "Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Finanzportfolioverwaltung erbringt, darf im Zusammenhang mit der Finanzportfolioverwaltung keine Zuwendungen von Dritten oder für Dritte handelnder Personen annehmen und behalten."

Das Geld fließt für die Depotvermittlung
Damit sind die Regeln für die Vermögensverwaltung deutlich strenger als beispielsweise für die Anlageberatung, bei der Zuwendungen erlaubt sind, sofern sie offengelegt werden und der Qualitätsverbesserung dienen (§70 WpHG). Daher gelten Provisionen in der Vermögensverwaltung als Tabu – eigentlich. Denn Netfonds hat einen Weg gefunden, trotz der strikten Vorgaben Bestandsprovisionen aus Investmentfonds, die für eine Vermögensverwaltung eingesetzt werden, an Vertriebspartner auszukehren. Die Provision fließt demnach nicht für die Vermittlung der Vermögensverwaltung, sondern für die Depotvermittlung.

Der Hamburger Maklerdienstleister hat das Vergütungsmodell Informationen von FONDS professionell ONLINE zufolge in den vergangenen Jahren an Finanzberater vermarktet, die Kunden eine "eigene" Vermögensverwaltung anbieten möchten. Dabei agiert der Finanzberater als Advisor des konzerneigenen Finanzportfolioverwalters NFS Hamburger Vermögen, der diese "White-Label-VV" entsprechend des Beratungsmandats umsetzt. Der Advisor erhält eine Vergütung für die Beratung der Vermögensverwaltung – aber nicht nur das. Auf Wunsch schreibt der Netfonds-Konzern ihm auch die Provisionen gut, die er von der depotführenden Stelle für die in der VV eingesetzten Publikumsfonds erhält.

Die Wettbewerber schreiben die Provisionen den Kunden gut
Branchenüblich ist das nicht. Auch andere Maklerdienstleister wie BCA, Fondsnet, Fondskonzept und JDC bieten Finanzberatern an, über ihren gruppeneigenen Vermögensverwalter eine White-Label-VV zu initiieren. Informationen der Redaktion zufolge können die Berater bei diesen Dienstleistern aber nicht an den Bestandsprovisionen der eingesetzten Fonds teilhaben. Zuwendungen werden vielmehr den Kundendepots gutgeschrieben, falls nicht ohnehin provisionsfreie Anteilsklassen zum Einsatz kommen.

Netfonds wollte sich auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE nicht näher zu dem Vergütungsmodell äußern. Im Gespräch mit der Redaktion verwies ein Manager des Unternehmens auf ein Gutachten einer renommierten Kanzlei, das die Praxis als rechtskonform ausweise. Zu weiteren Fragen der Redaktion nahm das Unternehmen keine Stellung.

Verstoß gegen die "eigentliche Intention von Mifid II"?
Die Redaktion schilderte auch der Bafin allgemein den Sachverhalt und bat die Finanzaufsicht um eine Einordnung – zu einzelnen Unternehmen äußert sich die Bundesanstalt ohnehin nicht. Ist es zulässig, dass Vermittler für die Depotvermittlung Zuwendungen aus Fonds erhalten, die im Rahmen einer Finanzportfolioverwaltung eingesetzt werden?

"Das kommt auf die genaue Ausgestaltung der Verträge an", erläutert ein Sprecher. Womöglich seien Konstellationen denkbar, in denen sich entsprechende Zahlungen juristisch rechtfertigen ließen. "Wenn aber Vermittler und Vermögensverwalter arbeitsteilig kooperieren, ist offensichtlich, dass ein derartiges Vergütungsmodell gegen die eigentliche Intention von Mifid II verstößt. Die Bafin würde in einem solchen Fall genau prüfen, ob nicht eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt."

Depotbank muss die Zuwendung rechtfertigen können
Wichtig zu wissen: Die Depotvermittlung gilt rechtlich nicht als Wertpapierdienstleistung. Daher ist demjenigen, der Provisionen aus der Depotvermittlung erhält, aufsichtsrechtlich gar nicht so leicht beizukommen. "Das Wertpapierhandelsgesetz oder die Finanzanlagenvermittlungsverordnung finden hier keine Anwendung", so der Bafin-Sprecher. Er weist aber auch darauf hin, dass es nicht nur einen Empfänger gibt, sondern auch einen Sender. In diesem Fall sind es die Depotbanken, die eine Zuwendung gewähren. "Für die Bank steht die Depotvermittlung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wertpapiergeschäft. Sie darf eine Zuwendung daher nur gewähren, wenn damit eine Qualitätsverbesserung für den Kunden einhergeht."

An dieser Stelle könnte die Bank also in argumentative Nöte geraten: Eine fortlaufende Zahlung für eine einmalige Depotvermittlung darf wohl kaum unter das Schlagwort Qualitätsverbesserung fallen. Und eine Finanzportfolioverwaltung zählt zwar als hochwertige Dienstleistung, scheidet als Begründung aber aus, wenn die Provision für die Depotvermittlung fließt.

Wie die depotführenden Stellen im Fall von Netfonds es rechtfertigen, Bestandsprovisionen für die Vermittlung von VV-Depots zu zahlen, bleibt offen. Denn das Unternehmen wollte auf Anfrage der Redaktion nicht offenlegen, mit welchen Banken es bei dem erwähnten Vergütungsmodell kooperiert. (bm)