Was die Bilanzen der Lebensversicherer aussagen
Gewinner und Verlierer in der Lebensversicherung hat der Marktbeobachter Map-Report für 2023 ausgemacht. Nach einem eher schwachen Jahr 2022 mehrten sich wieder die positiven Tendenzen in den Bilanzen. Auch das Neugeschäft lief marktweit wieder besser.
Der Marktbeobachter Map-Report, der seit 2019 zum Analysehaus Franke und Bornberg gehört, hat den LV-Markt auf Basis von 13 Bilanzkennzahlen der Jahre 2019 bis 2023 unter die Lupe genommen. Es ist das vierte "Bilanzrating deutscher Lebensversicherer" nach dem Start 2020. Dabei wurden 53 Gesellschaften bewertet. Ergebnis: Viele Branchenriesen sucht man in der Spitzengruppe vergeblich. Die Allianz wurde zudem vom Spitzenplatz verdrängt, bekam aber nach dem neuen Spitzenreiter LV 1871 und der Universa ebenfalls noch eine "hervorragende" Benotung.
Dahinter folgen zwölf "sehr gute“ Unternehmen (2023: 15): Hannoversche, Inter, Baloise, Ideal, Ergo Vorsorge, Europa, Bayerische, Swiss Life, Öffentliche Braunschweig, Volkswohl Bund, Axa und Dialog. Zudem wurden 18 Unternehmen mit "gut" bewertet, darunter Nürnberger, WWK und Stuttgarter, die eine "sehr gute" Note nur knapp verpassten. Komplettiert wird das Rating von zwölf "befriedigenden" Anbietern und acht Lebensversicherern mit "ausreichender" Bewertung.
Viele Kennzahlen in einem komplexen Markt
Die ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Daten basierenden Kennzahlen reflektieren dabei vier Segmente. Die Solvabilität (SCR-Bedeckung) sowie die Gesamtreserve- und Sicherheitsmittelquote bilden die Sicherheit und Finanzierbarkeit der Lebensversicherer ab. Als Erfolgskennzahlen werden die Ertragsquote, die Rechnungszinsbelastungs- und Rechnungszinsanforderungsquote sowie die Kapitalanlagerendite (Nettoverzinsung) berücksichtigt. Betriebsaufwendungen fließen über die Kostenkennziffern der Verwaltungs- und Abschlusskostenquoten ein. Abschließend wird über die Größen Storno und RfB-Zuführung auch das Wohl der Kunden beachtet. Zudem runden zwei Wachstumskennzahlen die Bewertung ab, erklärt Reinhard Klages, Leiter des Ratings Unternehmenskennzahlen.
Die verdienten LV-Bruttobeiträge beliefen sich 2023 auf 87,67 Milliarden Euro. "Nach dem regelrechten Einbruch 2022 zu 2021 von 7,0 Prozent ging es erneut um 4,0 Prozent abwärts", registriert Michael Franke. "Gestiegene Lebenshaltungskosten in Verbindung mit verhaltenen Konjunkturprognosen und geopolitischer Verunsicherung wirkten sich negativ auf den finanziellen Spielraum zum Abschluss eines Altersvorsorgevertrags aus", so der geschäftsführende Gesellschafter von Franke und Bornberg und Herausgeber des Map-Reports weiter.
Ergebnisse streuen gewaltig
Über die gesamte Branche betrachtet variieren die Ergebnisse jedoch gewaltig, zeigt das Rating. 64 Gesellschaften (Vorjahr: 58) gelang es nicht, die Beitragseinnahmen zu steigern, wovon zwölf Anbieter im Run-off sind oder kein Neugeschäft mehr zeichnen. Acht Anbieter lagen mit bis zu drei Prozent knapp über dem Vorjahresniveau, und lediglich vier Versicherer bauten die Beitragseinnahmen mindestens um fünf Prozent aus.
In absoluten Zahlen legte die Generali bei den Beitragseinnahmen am stärksten zu (+158,8 Millionen Euro). Mit etwas Abstand folgen auf den weiteren Plätzen die Bayerische, Signal Iduna AG, Swiss Life und Baloise. Den größten absoluten Rückgang – ohne Gesellschaften im Run-off und eingestelltem Neugeschäft zu berücksichtigen – musste die Bayern-Versicherung verkraften (-575,4 Millionen Euro). Unberücksichtigt ließ Map-Report zudem Axa mit ihrer Bestandsübertragung auf die Ager sowie Zurich Deutscher Herold mit der Bestandsübertragung auf die Zurich Life Legacy.
In 20 Jahren fast die Hälfte der Anbieter verschwunden
Zum Vergleich: Vor 20 Jahren analysierte Map-Report noch 100 Lebensversicherer, von denen inzwischen 15 das Neugeschäft eingestellt haben oder in den Run-off gegangen sind sowie 24 auf andere Anbieter verschmolzen wurden – zuletzt etwa der Bestand der Barmenia auf die Gothaer.
Der Absatz im Neugeschäft ging 2023 um 14.231 Verträge (+0,3 Prozent) auf 4,42 Millionen Policen leicht nach oben. Das Annual Premium Equivalent (APE), also die Summe aller Prämieneinnahmen aus Lebensversicherungen mit regelmäßigen Zahlungen plus ein Zehntel aller Einnahmen aus Versicherungen mit Einmalzahlung, blieb leicht in den roten Zahlen (-0,7 Prozent gegenüber 2022). Ausgebremst wurde das APE primär von den Einmalbeiträgen. Während Policen mit laufendem Beitrag um 4,5 Prozent auf 3,99 Milliarden Euro anzogen, verlor das Neugeschäft an Einmalbeiträgen 15,0 Prozent im Vergleich zu 2022 und rutschte im Branchenschnitt von 20,46 auf 17,38 Milliarden Euro.
Zugmaschine Fondspolicen
Sonstige Lebensversicherungen, zu denen vor allem auch fondsgebundene Verträge zählen, waren 2023 erneut das Zugpferd im Vertrieb. Mit 1.527.369 eingelösten Versicherungsscheinen war diese Produktlinie mit Abstand am absatzstärksten. Der Neugeschäftsanteil betrug 34,6 Prozent. Die fünf erfolgreichsten Anbieter in dieser Sparte waren laut Map-Report Generali, Allianz, Bayern-Versicherung, Debeka sowie R+V. "Mit 729.462 verkauften Verträgen zeichneten die großen Fünf mit 47,8 Prozent beinahe die Hälfte des gesamten Neugeschäfts", resümiert Klages.
Zum Jahresende 2022 wurden infolge der Zinswende aus vormals stillen Reserven in Höhe von 155,9 Milliarden Euro innerhalb eines Jahres stille Lasten von 106,8 Milliarden Euro. Zum Jahresultimo 2023 hat sich die Situation laut Klages wieder etwas entspannt und die stillen Lasten sind branchenweit auf 74,7 Milliarden Euro gesunken. Das entspricht 7,3 Prozent der gesamten Kapitalanlagen (2022: 10,3 Prozent).
Erstmals seit 30 Jahren wieder steigender Rechnungszins
Für Anbieter, die im Vergleich zu ihrem Bestand einen hohen Anteil an Neugeschäft haben, ergeben sich Vorteile gegenüber Versicherern mit einem großen Bestand und relativ wenig Neugeschäft. Zum 1. Januar 2025 kommt die erste Erhöhung des Höchstrechnungszinses (HRZ) seit Juli 1994. "Für Anbieter bedeutet das zunächst eine Entlastung in den Bilanzen und einen größeren finanziellen Spielraum, wenn die erforderlichen Deckungsrückstellungen für garantierte Leistungen sinken, bringt aber auch mehr Spielraum bei Fondspolicen", meint Klages.
"Ab 2025 werden sicherlich auch mehr Produkte angeboten, die sicherheitsorientierten Kunden einen garantierten Kapitalerhalt bieten", ergänzt Franke. Ob sich die Versicherer den Gefahren einer 100-Prozent-Garantie, gerade in unsicheren Zeiten, noch einmal aussetzen, darf aber bezweifelt werden. Die anhaltenden Zinssenkungen haben bis heute viele Kunden abgeschreckt und deutliche Bremsspuren im Neugeschäft hinterlassen. "Durch die Anpassung des HRZ und die damit verbundenen Garantien könnte sich die Situation nun entspannen", so Franke. (dpo)
Das "Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2023" ist ab sofort als Map-Report 936 im PDF-Format lieferbar – über map-report@franke-bornberg.de oder direkt auf der Website von Franke und Bornberg (externer Link). Eine kostenlose Basisinformation liefert Franke und Bornberg hier (externer Link). Der Report kostet ab 589 Euro inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer.