"Wir waren ein Jahr lang die einzige Bank vor Ort"
Bald ist es zwei Jahre her, dass die Ahr und weitere Flüsse über die Ufer traten, Häuser wegspülten und Innenstädte verwüsteten. Hans-Jürgen Lembicz, der Vorstandssprecher der Volksbank Euskirchen, erinnert sich im Interview mit FONDS professionell, welche Folgen die Flut für sein Institut hatte.
Erst Ende Januar konnte Hans-Jürgen Lembicz sein Büro wieder beziehen – die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hatte auch die Zentrale der Volksbank Euskirchen schwer getroffen. "Nachdem die ganze Innenstadt von Euskirchen überflutet war, konnten wir unsere Hauptstelle 18 Monate nicht mehr nutzen", berichtet der Vorstandssprecher der Genossenschaftsbank im Interview mit FONDS professionell, das in voller Länge in Ausgabe 1/2023 erschienen ist. "Insgesamt gab es vier von der Flut überschwemmte Zweigstellen, inklusive der Hauptstelle. Die Filiale in Bad Münstereifel war besonders stark betroffen."
Lembicz und seine Kollegen versuchten, den Bankservice auch in dieser Zeit so gut es geht aufrecht zu erhalten. "Wir waren in Euskirchen, das immerhin Kreisstadt ist, über ein Jahr lang die einzige Bank, die überhaupt in der Innenstadt vertreten war", so der Volksbank-Chef. "Vor unserer Hauptstelle stand ein Truck für die Standardbankgeschäfte. Die Kunden waren dafür sehr dankbar." Nach der Flut besuchte Lembicz eine Woche lang alle Filialen und sprach mit den Mitarbeitern. "Einige Kollegen hatten Traumata, weil sie beispielsweise sahen, wie ein Nachbar ertrunken ist. Diese Zeit hat uns geprägt, aber wir sind als Belegschaft dadurch auch näher zusammengerückt."
"Alles war voller Schlamm"
Als das Wasser wieder zurückging, sahen die Volksbanker das ganze Ausmaß der Katastrophe. "Alles war voller Schlamm", erinnert sich Lembicz. Im Kellergeschoss lagerten die Grundschuldbriefe, die als Sicherheit für die Immobilienfinanzierungen dienen. "Unsere Mitarbeiter bildeten eine 'Waschstraße' und reinigten per Hand die Briefe und Unterlagen." Dann brachten zwei Lkws die Schriftstücke nach Frankfurt zu einer Spezialfirma. "Dort wurde alles schockgefrostet und für sechs Monate eingefroren. Ansonsten wären die Dokumente verschimmelt und hinüber gewesen", so Lembicz. "Nach dem Auftauen mussten die Schriftstücke zweimal desinfiziert werden. Jeder Desinfektionsdurchgang kostete rund 60.000 Euro. Die Dokumente sehen jetzt zwar nicht schön aus, aber sie sind juristisch noch gültig." An anderer Stelle musste ebenfalls viel improvisiert werden: "Auch die Kundenschließfächer standen unter Wasser, einige mussten im Beisein eines Notars aufgebrochen werden." (mh/bm)
Im ausführlichen Interview, das in FONDS professionell 1/2023 ab Seite 414 erschienen ist, spricht Hans-Jürgen Lembicz auch über die Probleme der Volksbank Euskirchen mit gesprengten Geldautomaten und die Frage, was eine Bankenfusion mit einer Ehe gemeinsam hat. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.