Wirecard-Musterverfahren: Gericht weist Schadensersatzansprüche zurück
Tausende von ehemaligen Investoren wollen in einem Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Ansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY geltend machen. Doch diese können im Musterverfahren nicht geklärt werden, hat das Bayerische Oberste Landesgericht entschieden.
Das sind keine guten Nachrichten für Zehntausende von Anlegern, die im Wirecard-Skandal auf Schadensersatz hoffen: Das Bayerische Oberste Landesgericht hat am Freitag (28.2.) entschieden, dass mutmaßlich geschädigte Investoren im Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) keine Schadensersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY vorbringen können. Diese müssten daher in Einzelverfahren geklärt werden, so der Senat. Über die Entscheidung des Gerichts informiert die Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft aus Kirchentellinsfurt.
EY hatte die Bilanzen des Zahlungsabwicklers bis zu dessen Zusammenbruch im Sommer 2020 testiert. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat die falschen Wirecard-Bilanzen und den EY-Bestätigungsvermerk jedoch nicht selbst veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfolgte durch Wirecard.
Die Argumentation des Senats
"An einem KapMuG-Verfahren können nur Klagen wegen falscher oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen teilnehmen", sagt Martin Kühler, Rechtsanwalt in der Kanzlei Tilp. Solche Informationen sind im Fall Wirecard auch tatsächlich an die Investoren gegangen. "Das Bayerische Oberste Landesgericht argumentiert aber, die Ansprüche mutmaßlich geschädigter Wirecard-Anleger könnten im KapMuG-Verfahren nicht gebündelt angemeldet werden, da nicht EY die falschen Kapitalmarktinformationen publik gemacht hat“, so Kühler.
"Der Teil-Musterentscheid stellt keine Endentscheidung dar, ist jedoch isoliert mit Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof anfechtbar", sagt der Jurist. Die Kanzlei Tilp sehe daher aktuell sehr gute Ansatzpunkte für die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof. Für die geschädigten Anleger, die gegen EY geklagt oder ihre Ansprüche zum Musterverfahren angemeldet haben, bestehe derzeit kein Grund aktiv zu werden. "Zunächst ist der Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens abzuwarten", sagt Kühler. (am)