Zinsänderungsrisiko: Bafin fordert mehr Liquiditätspuffer
Die Finanzaufsicht Bafin schaut im Zuge der Bankturbulenzen der vergangenen Monate genau bei den deutschen Instituten hin. Bafin-Präsident Mark Branson fordert auf der Jahrespressekonferenz seiner Behörde wegen des Zinsänderungsrisikos mehr Liquidität bei diesen.
Die Finanzaufsicht Bafin hält die Schwierigkeiten von Banken, mit dem abrupten und deutlichen Zinsanstieg umzugehen, für noch nicht beendet. "Seit März durchlebt das weltweite Finanzsystem eine Art Stresstest in Echtzeit", sagte Bafin-Präsident Mark Branson laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Dienstag (9.5.) auf der Jahrespressekonferenz der Behörde.
Dass diese turbulente Phase mit dem Aus für drei US-Regionalbanken und dem Notverkauf der Credit Suisse schon vorbei ist, bezweifelt Branson. "Stressphasen entwickeln sich oft in Schüben", zitiert ihn die Zeitung. Eine positive Überraschung ist der Bafin zufolge, wie wenig Hedgefonds und andere unregulierte Marktteilnehmer, sogenannte Schattenbanken, von diesem Stress im Finanzsystem bisher betroffen seien.
Mehr Liquidität für Banken
Zu den richtigen Lehren aus den jüngsten Bankenschieflagen gehört für Branson nun, die als Reaktion auf die Finanzkrise der Jahre 2007/08 beschlossene Bankenregulierung "nachzuschärfen". Er beklagte laut "FAZ", dass es nach den internationalen Basel-III-Regeln noch immer keine Mindesteigenkapitalanforderungen für Zinsänderungsrisiken gebe. Mindestens ebenso wichtig seien die Liquiditätspuffer. Hier verlange die Bafin, die vor allem für die kleinen und mittleren rund 1200 deutschen Banken verantwortlich ist, individuelle Aufschläge.
Nach der Finanzkrise 2008 waren Bankaufseher davon ausgegangen, dass Spareinlagen von Privatkunden eine besonders stabile Finanzierungsquelle für Banken sind. Daher müssen Banken heute so viel Geld in liquiden Anlagen vorhalten, dass sie 30 Tage lang ihren Nettoverpflichtungen nachkommen können, so die Zeitung. Die 30 Tage als Annahme sind für Branson heute nicht mehr angemessen. Denn Kundengelder flössen viel schneller ab als früher, ermöglicht durch die stärkere Nutzung von Onlinebanking. "Bei deutschen Instituten gibt es keine rationalen Gründe für eine Liquiditätskrise. Aber es gibt auch irrationale Ängste", gab Branson laut "FAZ" zu bedenken. Dieser psychologische Faktor sei nicht zu unterschätzen.
Bafin schaut genau bei Banken hin
Weil der Umgang mit dem Zinsanstieg im Fokus der Behörde steht, werde sie Zinsänderungsrisiken der Banken und Sparkassen weiter eng kontrollieren. Hier stünden eine Handvoll Banken unter ihrer verschärften Beobachtung, 60 weitere auf ihrer Liste. Branson erinnerte laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" daran, dass 2022 Sparkassen und Genossenschaftsbanken rund 13 Milliarden Euro an Wertberichtigungen auf im Kurs gefallene Anleihen zu verkraften hatten. Die allermeisten Banken hätten diese durch Reserven und Kapitalpuffer stemmen können, die nun aber aufgebracht seien.
Versicherer dagegen hätten von der intensivierten Aufsicht in der Niedrigzinsphase befreit werden können, sie profitierten voll von den höheren Zinsen. Über Liquiditätsrisiken der Versicherer lasse sich die Bafin aber jetzt erstmals gezielt berichten, meldet die Zeitung. Außerdem verhängte sie Eigenkapitalzuschläge bei den Versicherern, deren Risikomanagement unter Schwierigkeiten mit der IT leide. (jb)