Übersetzungs-Apps, Lawtechs und der Chatbot ChatGPT, der selbstständig Artikel recherchiert und schreibt: Künstliche Intelligenz (KI) ist heute in vielen Lebensbereichen anzutreffen – und sie entwickelt sich rasant. Doch wer nun meint, Artificial Intelligence sei ein noch recht neues Phänomen, irrt sich. 

"Die Anfänge der KI gehen auf das Jahr 1931 zurück", erklärte Markus Ahorner, Inhaber von Ahorner & Innovators, in seinem Vortrag beim 9. Finanzplaner Forum Rein-Ruhr, das Mitte März in Düsseldorf stattfand. Ahorners Unternehmen hat sich auf industrielle Optimierungen mithilfe von KI und maschinellem Lernen spezialisiert. Und der Experte weiß, dass Artificial Intelligence schon bald auch im Finanzbereich noch viel stärker als bisher zum Einsatz kommen könnte.

Entwicklung in der drei Wellen
"Künstliche Intelligenz hat sich in drei Wellen entwickelt", erläuterte Ahorner. Dabei habe sich die erste Entwicklungsphase über vier Dekaden von 1930 bis 1970 erstreckt. Einen Höhepunkt erreichte sie im Jahr 1956. Damals gelang es dem vom US-amerikanischen Elektroingenieur und Informatiker Arthur L. Samuel ausgeklügelten IBM-Programm erstmals, einen menschlichen Gegner beim Dame-Spiel zu besiegen.

"Die zweite KI-Welle brauchte nur noch 30 Jahre", berichtete Ahorner in seinem spannenden Vortrag. Sie gipfelte 1997, als der IBM-Computer Deep Blue den mehrfachen Schachweltmeister Garri Kasparow schlug. "Seit Ende der 2000er Jahre verzeichnen wir eine exponentielle Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, der Fortschritt beschleunigt sich ständig", so Ahorner.

Was KI heute schon kann
"Heute ist KI bereits an vielen Stellen in der Gesellschaft verankert", weiß der Experte. Das gilt zumindest für die "schwache KI". Diese ist in der Lage, mit Hilfe menschlicher Unterstützung zu lernen, Muster zu erkennen, riesige Datenmengen in kürzester Zeit zu durchsuchen oder Routine-Aufgaben zu übernehmen – zum Beispiel standardisierte Anlageentscheidungen zu treffen.

Im Bereich der "starken KI" wird derzeit intensiv geforscht. "Hier geht es darum, dass IT-Systeme sich selbstständig Wissen erarbeiten, sich eigenständig Aufgaben stellen und diese lösen", erklärte Ahorner. Das dritte Segment, in dem Künstliche Intelligenz eines Tages tätig werden könnte, nennen Experten "Singularität". "Darunter ist der hypothetische Punkt zu verstehen, an dem Maschinen die menschliche Intelligenz übertreffen und sich von selbst immer weiterentwickeln", verdeutlichte Ahorner. Bis es so weit ist, dürfte es zwar noch gute 100 Jahre dauern, beruhigte er. Es sei aber keineswegs ausgeschlossen, dass Künstliche Intelligenz in ferner Zukunft die Führung übernimmt.

Maschine erkennt künftige Zahlungsausfälle
Im Finanzbereich, berichtete Ahorner, sei inzwischen schon weit mehr möglich als Geldanlage per Robo oder der Abschluss von Versicherungspolicen bei einem Insurtech. Das gelte gerade für unterschiedliche Arten von Prognosen. "Wir haben zum Beispiel ein KI-System mit 6,4 Milliarden unstrukturierten Daten auf das Erkennen künftiger Zahlungsausfälle bei Krediten trainiert", erzählte Ahorner. Das Ergebnis: Das System klassifizierte die Kreditnehmer sehr zuverlässig anhand des Risikos für Zahlungsausfälle und identifizierte dabei auch noch Cross-Selling-Potenziale. Und es gibt weitere Beispiele.

"Dem 1991 gegründeten US-Unternehmen Prediction Company gelang es 26 Jahre lang, erfolgreich Finanzmarktentwicklungen vorherzusagen", berichtete Ahorner. Lediglich im Jahr 2007 lag die Maschine falsch und fuhr Verluste ein. Ahorners Firma wiederum konnte den Workflow für sämtliche Analyse-Publikationen einer Landesbank für Sparkassen so automatisieren, dass die Produktivität in diesem Bereich um 50 Prozent gesteigert, die Fehlerquote hingegen um 50 Prozent gesenkt wurde. 

System macht Kreditkartenbetrug ausfindig
"Eine unserer ersten Data-Mining-Aufgaben war im Jahr 2008 das Auffinden von Fällen von Kreditkartenbetrug", sagte der Experte. Dafür speisten er und seine Mitarbeiter ein KI-System mit einem Satz von 20 Millionen Datenfeldern. 20 Betrugsfälle waren bekannt. "Das System validierte sie alle und entdeckte zusätzlich vier weitere Fälle", so Ahorner.

Um Künstliche Intelligenz drehte sich nur einer der insgesamt 18 Vorträge des diesjährigen Finanzplaner Forums Rhein-Ruhr. Die Veranstaltung bildet ein Netzwerk von Experten für Experten in der Finanzdienstleistungsbranche mit der Möglichkeit des institutsübergreifenden Erfahrungsaustauschs zu aktuellen fachlichen, vertrieblichen und regulatorischen Anforderungen und der Chance, auf spezialisierte Berater in Finanz-, Steuer- und Rechtsfragen zurückzugreifen.

Grundsätzliches und Ratschläge für die Berufspraxis
Rund 100 Besucher nutzten das 9. Finanzplaner Forum, um Fachwissen zu erwerben und zum Networking. Die Vortragsthemen waren auch in diesem Jahr breit gefächert und reichten von grundsätzlichen Überlegungen über Marktausblicke bis hin zu konkreten Ratschlägen für die Praxis. 

So eröffnete Pater Professor Johannes B. Freyer, Theologe und Mitglied im Orden der Franziskaner, die Veranstaltung mit seinem Referat zum Impact Investing. Professor Teodoro Cocca von der Universität Linz erläuterte, was Beratung für die Generation Z bedeutet und wie Finanzplaner Vorstellungen dieser Zielgruppe in ihren Berufsalltag einbinden können. 

Steuer und Recht
Im Themenfeld "Steuern und Recht" führte Cornelia Maetschke-Biersack von der Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft aus, wie sich Eheverträge und Vermögenstransfers gestalten lassen. Mark Pawlytta von KPMG Law stellte das neue Stiftungsrecht vor, und Christian Reiter von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO erklärte steuerliche und erbrechtliche Konsequenzen als Ergebnis globaler Mobilität.

Spannende Vorträge zu weiteren aktuellen Entwicklungen, etwa zur Rückkehr der Inflation, zu der Frage, ob globale Anleihen ein Comeback erleben, oder zu den Aussichten von Investments in Biotechnologie rundeten das zweitägige Programm ab. Und in den Pausen blieb viel Zeit für interessante Experten-Gespräche und einen regen Austausch unter Kollegen. (am)