Im Durchschnitt erzielte ein freier Finanzvermittler 2022 einen Umsatz von 196.000 Euro und einen Gewinn von 75.000 Euro. Das sind im Schnitt 75.000 Euro Umsatz mehr als 2021 (+62 Prozent) und 10.900 Euro mehr Gewinn (+17 Prozent). Dies ist ein Ergebnis des 15. AfW-Vermittlerbarometers, der jährlichen Online-Branchenumfrage des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, die im vergangenen November und Dezember stattfand.

Rund 80 Prozent der befragten 1.305 Vermittler (Vorjahr: 2.028) wiesen sich dabei als unabhängige Versicherungsmakler aus. "Der Anstieg des durchschnittlichen Gewinns ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass es einen Anstieg der Teilnehmergruppe gab, die Gewinne jenseits der 300.000-Euro-Marke angegeben haben", sagt AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Den Umsatzsprung begründete er so: Erstmals konnten die Teilnehmer exakte Umsatzwerte anstatt nur Umsatzgrößenklassen angeben, was zu genaueren Werten führte.

Konsolidierung des Vermittlermarktes spürbar
Die Entwicklung, dass kleine Vermittlerbüros aufgegeben haben oder übernommen werden, spiegele sich in diesen Zahlen wider. Durch die Schaffung größerer Einheiten und durch den Einsatz digitaler Technik könne die Effizienz gesteigert werden. "Diese Digitalisierung verbessert Prozesse sowie die Kundenkommunikation, was zu Umsatzwachstum führt", interpretiert Rottenbacher die Zahlen aus dem Vermittlerbarometer.

Die Auswertung der Daten zeige, dass jeder zweite Vermittler einen Gewinn unterhalb von 55.000 Euro pro Jahr erwirtschafte. Lediglich jeder Vierte schaffe über 100.000 Euro (siehe Grafik unten). "So erfreulich der Anstieg des durchschnittlichen Gewinns auch ist: Wenn die Hälfte der Vermittler weniger als 55.000 Gewinn erwirtschaftet, sind wir weit weg von einer Neiddiskussion, und das ist eine wichtige Information in Richtung Politik – gerade in Zeiten, in denen über ein Provisionsverbot diskutiert wird", so Rottenbacher weiter.

34f-Vermittlung ertragreicher als 34d-Tätigkeit
Wertet man die Gewinne nach Erlaubnisbereichen aus, kommen Versicherungsvermittler, die ausschließlich eine Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung (GewO) haben, im Mittel auf 64.000 Euro, während diejenigen, die ausschließlich Finanzanlagen nach Paragraf 34f GewO vermitteln, einen Gewinn von durchschnittlich 80.000 Euro erwirtschaften. Im Schnitt sind die unabhängigen Vermittler laut Barometer somit gut durch das Jahr 2022 mit seinen dramatischen Ereignissen und einer sehr hohen Preissteigerung gekommen.

Allerdings seien die bestehenden Einkommensunterschiede in der Branche weiter zementiert worden, betont Rottenbacher. Das zeige sich bei der Entwicklung von Gewinn und Umsatz: Tendenzielle Gewinner seien vor allem diejenigen Vermittler, die bereits im Vorjahr mehr als 150.000 Euro Gewinn verzeichnet hatten, so Rottenbacher.

Unter 50.000 Euro Gewinn lohnt Gewerbe nicht
Eine Analyse des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) war im Dezember 2022 per Umfrage unter Vermittlern gestartet (externer Link) worden und läuft bis Ende Februar. 2021 war man zu ähnlichen Ergebnissen wie der AfW gekommen. Der BVK legt alle zwei Jahre seine Strukturanalyse "Betriebswirtschaftliche Strukturen des Versicherungsvertriebs" vor.

"Gemessen an den Tarifgehältern der Angestellten des Versicherungsgewerbes sind die häufig erzielten 55.000 Euro keine zufriedenstellenden Einkommensperspektive, zumal die Vorsorge allein und ohne Arbeitgeberzuschüsse finanziert werden muss und das unternehmerische Risiko einen Aufschlag auf den Gewinn rechtfertigen sollte", so Matthias Beenken, Professor an der Fachhochschule Dortmund, der die BVK-Strukturanalysen erstellt.

Laut BVK sollte der Gewinn mindestens so hoch sein wie das Jahresgehalt eines Arbeitnehmers mit dem entsprechenden Tätigkeitsprofil. Einzelunternehmer sollten deutlich über 50.000 Euro Gewinn vor Steuern erzielen, um die vielfältigen Aufgaben, die Verantwortung und das unternehmerische Risiko des Inhabers eines Vermittlerbetriebes angemessen honoriert zu bekommen. (dpo)