AGI: So helfen Berater Vorsorgekunden, über ihren Schatten zu springen
Viele Arbeitnehmer wissen, dass sie privat für das Alter vorsorgen müssten, tun es aber nicht. Dahinter stecken Verhaltensweisen, die sich mit ein bisschen List überwinden lassen, sagt Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors.
Nach dem letzten Arbeitstag im Leben kommt mitunter das böse Erwachen. Dann zeigt sich nämlich, ob die Rente ausreicht, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Für viele Menschen, die heute berufstätig sind, lässt sich jetzt schon sagen: Nein, die Rente reicht nicht. Trotzdem kümmern sich nur wenige Arbeitnehmer um eine private Altersvorsorge.
Umfragen zeigen immer wieder: Zwar schwant vielen Menschen, dass sie nun endlich mehr tun müssten. Doch mit der konkreten Umsetzung hapert es häufig. Grund dafür sind psychologische Hürden, schreibt Hans-Jörg Naumer, leitender Kapitalmarktstratege bei Allianz Global Investors (AGI), in einem Gastbeitrag für das "Versicherungsmagazin".
Es gebe viele brauchbare Angebote für die Altersvorsorge, aber man müsse sich schon aktiv dafür entscheiden. Dass das nur wenige Menschen tun, liegt Naumer zufolge schlicht an ihrer Trägheit. Aber auch andere Verhaltensweisen, die aus der Behavioral Finance bekannt sind, spielen eine Rolle.
Etwa die Verlustaversion: "Ein Verlust wiegt in absoluten Einheiten mehr, als ein Gewinn im gleichen Umfang an Freude bringt", erklärt Naumer. Oder die Kurzsichtigkeit: "Wir wollen eine sofortige Befriedigung unserer Bedürfnisse, und empfinden zugleich Sparen als Verlust", so der AGI-Stratege. All das verhindert, dass Anleger aktiv werden und für das Alter vorsorgen.
Keep it simple
Die gute Nachricht: Man kann den inneren Schweinehund überwinden. Gegen Trägheit hilft es, die Entscheidungsprozesse zu vereinfachen. Je weniger Entscheidungen getroffen werden müssen, desto besser.
Viele Anleger sind von der Produktvielfalt schlicht überfordert. "Wichtiger vielleicht noch: Investoren haben oft keine Vorstellung über ihre Präferenzen und neigen zu vereinfachenden Daumenregeln", so Naumer. Werden ihnen zum Beispiel zehn Fonds angeboten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie ihren Anlagebetrag gleichmäßig auf die Produkte verteilen. "Hier können Voreinstellungen bei der Beratung helfen, den Allokationsprozess entsprechend dem Risiko-Ertrags-Profil zu verbessern."
Die Verlustaversion sollten Berater etwa beim Reporting bekämpfen. Naumers Vorschlag: Zu den Performancedaten des abgelaufenen Jahres sollten Anleger eine Berechnung bekommen, die zeigt, welche monatlichen Zahlungen sie unter sonst gleichbleibenden Umständen in Zukunft erwarten können. "Das hilft, über mögliche kurz- bis mittelfristige Verluste auf den eigentlichen Anlagehorizont zu schauen", erklärt der Stratege.
Abschätzen, was kommt
Auch die Kurzsichtigkeit kann man so bekämpfen. Zusätzlich kann man im Beratungsprozess Fragen durchspielen, die Anlegern dabei helfen, sich den in der Zukunft liegenden Nutzen ihres Investments konkret vorzustellen. Welchen Betrag hätte ein Kunde etwa pro Monat mehr in der Tasche, wenn sich ein Anlageprodukt in eine bestimmte Richtung entwickeln würde? "Dadurch wird das künftige Ergebnis greifbarer", so Naumer – und das Erwachen am ersten Tag des Ruhestands vielleicht nicht ganz so böse. (fp/ps)