Es ist eine schwierige Entscheidung, die ein Finanzanlagenvermittler am Ende seines Berufslebens fällen muss: Versuche ich, meinen Bestand zu verkaufen – oder lasse ich ihn weiterlaufen? Ähnlich ergeht es einem Versicherungsmakler, der hin und wieder Fonds vermittelt, die Investmentsparte aber eher als Randgeschäft begreift: Lohnt es sich, die 34f-Erlaubnis zu behalten? Oder ziehe ich einen Schlussstrich und konzentriere mich auf Versicherungen?

Viele Vermittler schieben die Antwort auf diese Fragen vor sich her. Das muss nichts mit Entscheidungsschwäche zu tun haben, sondern kann einem rationalen Kalkül folgen: Selbst wer keine Fonds mehr vermittelt, erhält aus seinem Bestand eine mitunter ansehnliche Vertriebsfolgeprovision – für die er de facto nichts tun muss. Daher kann es sich durchaus lohnen, mit dem Bestandsverkauf noch ein Jahr zu warten. Und noch ein Jahr. Und noch eines…

"Verkauf von Kleinstbeständen wird ungemein erschwert"
Doch diese Denke kann gefährlich werden. Zum einen schmilzt der Wert des Bestands, je länger er unbetreut ist. Zum anderen – und das ist vielleicht der wichtigere Grund – könnte der Datenschutz den Vermittlern einen Strich durch die Rechnung machen. Darauf weist Michael Podsada hin, Geschäftsführer der Fonds- und Vorsorgeberatung Remi5 aus Meerbusch.

Er hat beobachtet, dass die Fondsplattformen zunehmend von jedem einzelnen Kunden ein unterschriebenes Formular verlangen, bevor sie ihn auf einen anderen Vermittler umschlüsseln. "Bei einem hochwertigen Bestand ist das kein Problem, da bespricht der Berater seine Nachfolgelösung ohnehin mit jedem Kunden. Doch der Verkauf von unbetreuten Kleinstbeständen wird dadurch ungemein erschwert."


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Als jüngstes Beispiel nennt Podsada Franklin Templeton. Der Fondsanbieter unterhält nach wie vor eine Lagerstelle in Luxemburg. Heute spielt sie im freien Vertrieb keine große Rolle mehr, doch vor 20 Jahren, zu den Blütezeiten des Templeton Growth Fund, sah das anders aus. "Seit einigen Monaten nimmt Franklin Templeton einen Vermittlerwechsel nur noch mit Unterschrift vor", sagt Podsada. "Ich kenne einen 80-jährigen Berater, der seit drei Jahren überlegt, ob er seinen Templeton-Bestand verkauft. Bis vor Kurzem wäre das kein Problem gewesen, jetzt hat er viel Arbeit damit." Außerdem sei fraglich, wie viele Kunden letztlich ihre Zustimmung zum Vermittlerwechsel erteilen – die meisten haben ja seit vielen Jahren nichts mehr von ihrem Berater gehört.

Podsada vermutet, dass weitere Fondsplattformen diesem Beispiel mit Verweis auf den Datenschutz folgen könnten, und rät verkaufswilligen Vermittlern zum Handeln. Ganz uneigennützig ist dieser Appell freilich nicht: Podsada hat ein Geschäftsmodell daraus entwickelt, Kleinstbestände aufzukaufen – etwa 130 hat er deutschlandweit schon eingesammelt. Dennoch ist die Beobachtung interessant, dass die Branche mit Vermittlerwechseln als Folge eines Bestandsverkaufs offensichtlich unterschiedlich umgeht. (bm)


Dieser Beitrag ist zuerst in FONDS professionell 2/2021 ab Seite 294 erschienen. Dort lesen Sie auch, was beim Bestandsverkauf einen "Share Deal" von einem "Asset Deal" unterscheidet und welche Rolle das für den Datenschutz spielt. Angemeldete Leser können den Beitrag hier im E-Magazin abrufen.