BVI: Provisionsverbot hätte üble Folgen für Kleinanleger und Banken
Mit den Grünen, der Linken und der SPD möchten drei Parteien Provisionen in der Finanzberatung abschaffen. BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter und Marcus Mecklenburg, Leiter der Rechtsabteilung des Verbands, beleuchten kritisch den Sinn und die Auswirkungen eines solchen Verbots.
Am kommenden Sonntag ist soweit – Deutschland schreitet an die Urnen. Wenige Tage vor der Bundestagswahl hat sich der deutsche Fondsverband BVI die Frage gestellt: "Welche Folgen hätte es, wenn es unter der neuen Regierung tatsächlich zu einem Provisionsverbot in der Finanzberatung käme?" Diese Überlegung ist zwar rein hypothetischer Natur. Es gibt aber zumindest Anlass, sich darüber einmal Gedanken zu machen.
"Mit Bündnis 90/Die Grünen und der Linken haben immerhin zwei Parteien ein Provisionsverbot in ihre Wahlprogramme aufgenommen", sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter in der fünften Folge des verbandseigenen Podcasts "Nachdenken". Darin diskutiert er mit Marcus Mecklenburg, dem Leiter der Rechtsabteilung des Verbands, über Sinn und Auswirkungen eines solchen Banns. Auch im Wahlprogramm der SPD lasse sich zwischen den Zeilen lesen, dass die Partei Provisionen verbieten möchte. "Wenn wir uns die aktuellen Umfragen anschauen, dann könnte es schon sein, dass wir eine Regierung bekommen, die ein Provisionsverbot durchsetzen möchte", so Richter.
Umsonst "Nein" sagen
Der BVI habe nichts gegen die Honorarberatung, stellen Richter und Mecklenburg im Podcast klar. Es gebe aber gute Gründe, die gegen ein Provisionsverbot sprechen. Da Kunden in der provisions- anders als in der honorarbasierten Beratung "umsonst 'Nein' sagen" könnten, sei die Hemmschwelle, sich überhaupt beraten zu lassen, hier gering. "Das verhindert Beratungslücken, was in Zeiten von Niedrigzinsen und Anlagenotstand sehr wichtig ist", sagt Mecklenburg.
Um zu analysieren, wie sich ein Verbot von Provisionen hierzulande auswirken könnte, hat der BVI nach Großbritannien geschaut, wo Zuwendungen in der Finanzberatung bereits seit 2013 untersagt sind. Die jüngste Untersuchung der britischen Finanzaufsicht FCA aus dem Jahr 2020 habe ergeben, dass lediglich acht Prozent schon einmal eine Honorarberatung in Anspruch genommen haben. In der Vorgängerstudie von 2017 waren es nur sechs Prozent gewesen.
Hohe Mindestanlagesummen
"40 Prozent der Berater setzen außerdem eine Mindestanlagesumme voraus", berichtet Mecklenburg. Diejenigen, die keinen Mindestbetrag voraussetzen, hantierten aber mit hohen Anlagesummen zwischen 50.000 und eine Million britische Pfund. "Mit kleineren Summen in die Beratung zu kommen, scheint ein erhebliches Problem zu sein", sagt Mecklenburg. Das führe dazu, dass gerade die Bürger, die eine Anlageberatung dringend benötigen, kaum Zugang dazu bekämen.
"Die Politik bedauert zudem regelmäßig das Filialsterben bei Banken und Sparkassen", erinnert Richter. In Zeiten, da sich mit Zinsdifferenzen kaum noch Geld verdienen lasse, werde das Provisionsgeschäft für die Institute immer wichtiger. "Filialen auf dem Land leben zum großen Teil von Provisionen. Wenn man ihnen diese wegnimmt, braucht man sich über Filialsterben nicht zu wundern", erklärt Mecklenburg. (am)
Kommentare
Irgendwie hinkt der Vergleich
AntwortenMan muss nicht unbedingt Anhänger der genannten Parteien sein, erkennen zu können, dass es für Kleinanleger eben keine üblen Folgen hätte, wenn ein Provisionsverbot käme. Man muss nur richtig hinschauen, wenn man schon nach England schaut. Dort ist das Angebot weitaus digitalisierter, transparenter und vor allem kostengünstiger. Der Kleinanleger ist dort wesentlich besser beraten und profitiert von der Weitergabe niedrigerer Kosten. Die Finanzberatung hat dort einen wesentlich höheren Stellenwert. Und was ist so schlimm daran, wenn aus beispielsweise Deka-Fonds-Depots transparente und unabhängig gestaltete Depots würden? Insgesamt würde die unabhängige Finanzberatung gewinnen. Gewusst Wie - dabei sollte der Verband helfen. Hartmut Petersmann
HPI am 21.09.21 um 13:16