Die Liebe der Deutschen zum Bargeld kühlt deutlich ab
Bargeld verliert in Europa rapide an Bedeutung: Laut PwC-Tochter Strategy& zahlen nur noch 23 Prozent der Europäer bevorzugt bar. In Deutschland fällt der Rückgang besonders deutlich aus – digitale Zahlungsmittel und Banking-Apps gewinnen massiv an Relevanz.
Die europäische Zahlungslandschaft erlebt einen historischen Umbruch. Laut der neuen "Payments and Open Banking Survey" von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, wickeln nur noch 23 Prozent der Europäer ihre Einkäufe bevorzugt mit Bargeld ab. 2022 waren es noch 37 Prozent – ein Rückgang um 14 Prozentpunkte in nur zwei Jahren.
Besonders auffällig ist die Entwicklung in Deutschland: Lag die Bargeldnutzung hierzulande 2022 noch bei über 50 Prozent, bevorzugen aktuell nur noch 35 Prozent der Deutschen Scheine und Münzen.
Debitkarte dominiert – Mobile Payment holt auf
Während das Bargeld an Bedeutung verliert, steigt der Anteil digitaler Zahlungsmethoden rasant. Die Debitkarte ist mit 40 Prozent mittlerweile die beliebteste Zahlungsform in Europa. Es folgen Kreditkarten (22 %) und mobile Apps oder Wallets (14 %). Der Trend zu bequemen, mobilen Lösungen hält ungebrochen an.
Banking-App schlägt Filialnetz
Nicht nur beim Bezahlen ändert sich das Verhalten. Auch bei der Wahl ihres Finanzdienstleisters setzen immer mehr Verbraucher auf digitale Vorteile. Entscheidend ist laut Studie die Qualität der Banking-App – weit vor der kostenlosen Bargeldverfügbarkeit oder dem Filialnetz. Plattformangebote, die verschiedene Bankservices bündeln, gewinnen an Bedeutung.
Open Banking: Jeder Zweite ist offen
Ein bemerkenswerter Befund: 63 Prozent der Europäer sind bereit, ihre Bankdaten gegen Vorteile wie Rabatte oder Zusatzleistungen zu teilen. In Deutschland zeigt sich immerhin die Hälfte offen für das Open-Banking-Modell. Vertrauen genießen dabei vor allem etablierte Banken – 51 Prozent der Befragten würden ihnen ihre Daten anvertrauen.
Experten: Transformation ist alternativlos
"Die europäische Zahlungslandschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Paradigmenwechsel", erklärt Johannes Gärtner, Director bei Strategy& Deutschland. Neobanken und Fintechs greifen etablierte Banken gezielt an, unterstützt durch regulatorische Initiativen wie Open Finance. "Traditionelle Banken müssen jetzt handeln, um ihren Vertrauensvorsprung ins digitale Zeitalter zu überführen."
Wechselbereitschaft steigt – Tech-Konzerne im Vorteil
Wie weit die Transformation der europäischen Zahlungslandschaft bereits fortgeschritten ist, zeige sich auch an der sprunghaft gestiegenen Wechselbereitschaft der Verbraucher. 70 Prozent der Europäer würden ein Konto bei Tech-Giganten wie Google, Apple oder Paypal eröffnen – vor zwei Jahren waren es nur 43 Prozent. Der Hauptgrund: ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, gefolgt von Prämienprogrammen und nutzerfreundlichen Apps.
Chancen für neue Modelle – Druck auf klassische Banken
"Die Neuordnung des Marktes bringt mehr Auswahl und bessere Konditionen für Kunden", sagt Andreas Pratz, Partner bei Strategy&. Gleichzeitig steige der Druck auf traditionelle Banken erheblich. Diese müssten ihre Apps modernisieren, ihr Angebot durch Open-Banking-Funktionalitäten erweitern und gezielt Kooperationen mit neuen Anbietern eingehen.
Bargeldversorgung neu denken
Auch in puncto Bargeldversorgung ist Innovation gefragt. Lösungen könnten laut Strategy& in Kooperationen mit dem Einzelhandel oder gemeinsamen Bankautomaten-Angeboten liegen. Erfolgreich sei künftig nur, wer die Bedürfnisse der Kunden erkennt, digitale Angebote bereitstellt und regional differenziert agiert. (mb)