Digitaler Euro: EZB-Direktor skizziert erstmals konkreten Zeitrahmen
EZB-Direktor Piero Cipollone erwartet eine gesetzliche Grundlage für den digitalen Euro Anfang 2026. Die Einführung der Digitalwährung könnte zwei bis drei Jahre später erfolgen – als Gegenmodell zu US-Zahlungsanbietern und zur Sicherung der monetären Souveränität Europas.
Der digitale Euro nimmt weiter Form an: EZB-Direktor Piero Cipollone rechnet damit, dass die europäische Gesetzesgrundlage für die neue Digitalwährung Anfang nächsten Jahres steht, berichtet "Nachrichten.at" unter Berufung auf eine Aussendung der "Austria Presse Agentur (APA)".
In einer Diskussionsrunde mit Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau sagte Cipollone am Donnerstag (15.5.) in Paris: "Für die Gesetzgebung hoffe ich, dass alles erledigt ist bis zum Beginn des nächsten Jahres, sehr früh im nächsten Jahr."
Anschließend, so der EZB-Direktor, werde die technische und praktische Einführung der Digitalwährung noch zwei bis drei Jahre benötigen. "Wir brauchen die Gesetzgebung – und von da ausgehend werden zwei bis drei Jahre ausreichen, um den digitalen Euro einzuführen."
Digitaler Euro soll Bargeld ergänzen – nicht ersetzen
Die EZB betont, dass der digitale Euro eine ergänzende Form von Zentralbankgeld sein soll – und keineswegs als Ersatz für Bargeld gedacht ist, heißt es in dem Bericht. Ziel sei es, eine europaweit akzeptierte, sichere und öffentliche Zahlungsmöglichkeit im digitalen Raum zu schaffen. Damit will Europa unabhängiger werden von US-basierten Zahlungsdiensten wie Paypal, Apple Pay, Mastercard oder Visa.
Ein weiteres Argument für den digitalen Euro: Angesichts des kontinuierlichen Rückgangs bei der Nutzung von Bargeld soll verhindert werden, dass der digitale Zahlungsverkehr komplett von privaten Konzernen kontrolliert wird.
Verzögerungen durch EU-Wahl – neuer Schub durch Trump-Faktor
Die EU-Kommission hatte bereits im Juni 2023 einen Gesetzesvorschlag für den digitalen Euro präsentiert. Die Umsetzung verzögerte sich jedoch, unter anderem durch die EU-Wahl 2024, die die Arbeit des Parlaments zeitlich ausbremste.
Neue Dynamik hat das Projekt nun durch die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten erhalten. Seine kryptofreundliche Haltung und Unterstützung für Stablecoins haben in Brüssel Bedenken ausgelöst, dass Europa technologisch und politisch den Anschluss verlieren könnte.
Villeroy warnt vor Verlust der Geldhoheit
Frankreichs Notenbankchef Villeroy de Galhau betonte die strategische Bedeutung der digitalen Zentralbankwährung: "Wenn wir keinen digitalen Euro, kein digitales Zentralbankgeld in Europa haben, bedeutet das, dass ein starkes Risiko besteht, dass wir unsere monetäre Souveränität verlieren."
Villeroy geht davon aus, dass es keine europäischen Anbieter von Stablecoins geben wird – umso wichtiger sei ein staatlich reguliertes digitales Zahlungsmittel.
EU-Beschluss bis zum Sommer?
Cipollone äußerte die Hoffnung, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten bis Sommer 2025 auf den Gesetzesrahmen einigen könnten. Das EU-Parlament, das derzeit noch hinter dem Zeitplan liege, werde voraussichtlich bis Herbstbeginn eine Position zum Vorschlag erarbeiten.
"Die anfängliche Idee war, dass der Prozess ein wenig schneller laufen könnte", räumte Cipollone ein. "Aber das ist kein leichtes Unterfangen. Wir machen etwas Bedeutendes, das beispiellos ist." Daher sei es wichtig, "sich jedes Detail anzuschauen und eine solide Entscheidung zu fällen". (mb)