Ein aktualisiertes Merkblatt der Finanzaufsicht Bafin mit Hinweisen zur Anlageberatung sorgt gerade für Diskussionen in der Vermittlerbranche. Die Behörde kommt in dem vergangenen Freitag (14.2.) veröffentlichten Merkblatt zum Schluss, dass sogenannte Finfluencer, die über Social-Media-Kanäle wie Instagram, Tiktok, Youtube oder Facebook Ratschläge zu Investmentprodukten geben, keine Anlageberatung machen. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) kritisiert diese Auslegung, der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung springt der Aufsicht zur Seite. 

Die Bafin begründet ihre Auslegung damit, dass zu einer Beratung immer eine persönliche Produktempfehlung auf Basis einer Prüfung der Situation eines Verbrauchers gehöre. Das sei im Rahmen der Videos von Finfluencern nicht möglich – ergo erbringen sie keine Beratung und unterliegen nicht deren strengen Regeln. "Sogenannte Finfluencer werden den Tatbestand der Anlageberatung regelmäßig nicht erfüllen, da es sich mangels unmittelbaren Kontakts zu den Followern nicht um eine 'Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden' handeln wird, die Empfehlung aber insbesondere nicht auf eine 'Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt' oder als 'für ihn geeignet dargestellt' sein wird", führt die Bafin in dem Merkblatt aus. 

BVK: Auslegung der Bafin greift zu kurz
"Diese Interpretation der Bafin greift jedoch zu kurz und verkennt die tatsächliche Einflussnahme von Finfluencern auf die Anlageentscheidungen insbesondere junger Anleger", kritisiert BVK-Präsident Michael H. Heinz. Laut einer eigenen Studie der Bafin beeinflussen Finfluencer maßgeblich die Investitionsentscheidungen von Personen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren. Indem die Bafin Finfluencer von der Anlageberatung ausnimmt, entsteht laut BVK eine regulatorische Lücke, die potenziell gefährliche Folgen für unerfahrene Anleger haben kann. "Es kann nicht sein, dass professionelle Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler strengen Regularien unterliegen, während Finfluencer mit oftmals fragwürdigen Empfehlungen Millionen von Anlegern beeinflussen – ohne jede Kontrolle", sagt Heinz.  

"Die vereinzelt geäußerte Kritik an der Einschätzung der Bafin ist emotional gesehen nachvollziehbar. Sie verkennt jedoch eines: Die Bafin kann sich nicht einfach auf Wunsch über die geltende Rechtslage hinwegsetzen", erklärt AfW-Vorstand Norman Wirth dazu. "Solange keine individuelle Beratung, Empfehlung oder Vermittlung erfolgt, greifen die aktuellen gesetzlichen Regelungen nicht – unabhängig davon, ob die Aussagen von Tiktok, von Verbraucherzentralen oder bei 'Stern TV' von Hermann-Josef Tenhagen und dem selbsternannten Versicherungsberater Ron Perduss stammen. Das Bafin-Merkblatt ist in diesem Punkt völlig korrekt und gesetzeskonform."

Thema ist bei Politik platziert
Allerdings betont der AfW, dass er sich seit Längerem in Berlin und Brüssel dafür einsetze, dass unqualifizierte Ratschläge und Empfehlungen durch nicht fachkundige Personen im Interesse der Verbraucher und der qualifizierten Fachleute eingedämmt werden. "Das Thema ist platziert, und wir erwarten im Laufe der Legislaturperioden entsprechende Ergebnisse der Gesetzgeber", so Wirth weiter. Sobald der Gesetzgeber klare Vorgaben schafft, liegt es an den zuständigen Aufsichtsorganen, diese konsequent umzusetzen. Der AfW werde diesen Prozess weiterhin aktiv begleiten. (jb)