Drei Viertel der Vermögenden unzufrieden mit Verwendung ihres Erbes
Eine aktuelle Studie belegt: Mit dem Beginn des sogenannten "Great Wealth Transfers", also der großen Vermögensweitergabe, ändern sich die Muster bei Erbschaften grundlegend. Und das hat weitreichende Folgen für Vermögensverteilung und Finanzmärkte.
Eine Untersuchung der US-Investmentgesellschaft Capital Group, in der 600 vermögende Privatpersonen, sogenannte High Net Worth Individuals (HNWIs), in Europa, dem asiatisch-pazifischen Raum und den USA zu ihrem Umgang mit Erbschaften und ihrer Nachfolgeplanung befragt wurden, zeigt: Vermögende Familien rund um den Globus beschleunigen die Übergabe ihres Vermögens an die nächste Generation.
"In den kommenden Jahrzehnten wird ein Vermögen in Billionenhöhe von der Babyboomer-Generation in den USA, Europa und dem entwickelten Asien an jüngere Generationen weitergegeben", erläutert dazu Guy Henriques, Leiter der Kundenbetreuung in Europa und Asien-Pazifik bei der US-Gesellschaft, die ein Vermögen von rund 2,8 Billionen US-Dollar verwaltet. Millennials und Angehörige der Generation Z erhalten größere Erbschaften in jüngerem Alter und könnten seiner Ansicht nach von der Marktkenntnis und dem langfristigen Anlagehorizont eines Finanzberaters erheblich profitieren, weil eine fundierte Anlageberatung und nachhaltige Investmenterträge zu besseren Ergebnissen für Vermögensinhaber und ihre Erben führen. Deshalb rät Henriques, die nächste Generation vermögender Erben stärker einzubinden.
Finanzberater haben speziell in Deutschland das Nachsehen
Grundsätzlich offenbart die Studie der Capital Group, dass fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) ihr Vermögen direkt von den Großeltern geerbt hat, die Mehrheit (55 Prozent) in einer Größenordnung von einer bis 25 Millionen Dollar. Insgesamt würden Millennials bei der Vermögensanlage nach einer Erbschaft häufiger auf soziale Medien und sogenannte "Finfluencer" (27 Prozent) setzen statt auf professionelle Finanzberater (18 Prozent). Die Studie zeigt, dass gerade deutsche Vermögensinhaber sich noch stärker auf soziale Medien und "Finfluencer" verlassen, wenn es um Beratung geht (48 Prozent gegenüber 23 Prozent).
Knapp zwei Drittel der Gesamtgruppe von Gen-X- und Millennial-Erben gaben dabei an, dass sie im Nachhinein unzufrieden mit der Verwendung ihres Erbes sind. Fast zwei von fünf bedauern, nicht mehr investiert zu haben. In Deutschland ist dieser Anteil sogar noch deutlich höher: Hier sind gar 76 Prozent der Vermögensinhaber mit der Verwendung ihres Erbes unzufrieden.
Potenzial von Erbschaften besser ausschöpfen
Drei Viertel der Vermögensinhaber berichten unterdessen von Schwierigkeiten in der Kommunikation zur Nachfolgeplanung. 61 Prozent setzen bei Nachfolgefragen auf Juristen und 49 Prozent auf Steuerberater. Lediglich rund 20 Prozent beziehen Finanzberater ein. Knapp vier Fünftel hinterlassen dabei keine konkreten Vorgaben zur Verwendung des Erbes. In der Region Asien-Pazifik (82 Prozent) ist dieser "Hands-off-Ansatz" noch ausgeprägter als in Europa und den USA mit jeweils 77 Prozent. Daraus schließen die Studienautoren, dass das Potenzial von Erbschaften häufig ungenutzt bleibt. Im Durchschnitt würden nur 22 Prozent des geerbten Vermögens in Investmentfonds und elf Prozent in Pensionsfonds investiert.
Am Ende führe das dazu, dass 60 Prozent der Vermögensinhaber unzufrieden mit der Art und Weise sind, wie sie ihr Erbe verwendet haben. Ein ganzes Drittel bedauert, zu wenig investiert zu haben. In Deutschland ist diese Unzufriedenheit besonders ausgeprägt: 75 Prozent der vermögenden Deutschen äußerten Unzufriedenheit in Bezug auf den Umgang mit ihrem Erbe. Das Ergebnis sei, dass die Mehrheit der Erben sich rückblickend wünsche, sie hätte ihr Vermögen anders genutzt, insbesondere stärker investiert, resümiert Henriques. Deshalb sei es eines der bedeutenden Ziele der Capital Group, das Leben der Menschen durch erfolgreiches Investieren zu verbessern. "Wer einen Teil seines Erbes langfristig investiert, kann nachhaltigen Vermögensaufbau erzielen", bringt Henriques es auf den Punkt. Gerade in bewegten Märkten gelte deshalb: Investiert zu bleiben, zahlt sich langfristig aus. (hh)
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