Bei einem "Power-Frühstück" in Berlin präsentierten die spezialisierten Anwälte am Dienstag (23.9.) Bundestagsabgeordneten bAV-Erfolgsmodelle aus dem Ausland. "Hier liegen die entscheidenden Lösungsansätze, von denen Deutschland lernen kann – und muss", betonte Marco Arteaga, Rechtsanwalt und Partner bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft sowie Sprecher des Eberbacher Kreises. Nach dem parlamentarischen Frühstück gab der Kreis dann der Fachöffentlichkeit Einblick in die eigenen Reformansätze, die eine Trendumkehr im System der Alterssicherung in Deutschland bewirken sollen.

Kern der Vorschläge – siehe auch die Präsentation (externer Link) – ist es, den Anstieg der Leistungen, die aus dem Bundeshaushalt für die gesetzliche Rente gezahlt werden, deutlich zu dämpfen. Als Ausgleich für die daraus insgesamt resultierenden geringer steigenden Renten fordert der Eberbacher Kreis eine flächendeckende Verbreitung der Betriebsrenten in Deutschland. Arbeitgeberfinanzierte Betriebsrenten sollen quasi die Rente retten.

Anwälte fordern Neustart bei der Alterssicherung
Dazu hatten die Eberbacher schon im Frühjahr einen Acht-Punkte-Plan erarbeitet, der auf eine grundlegende Vereinfachung des deutschen Betriebsrentenrechts hinausläuft und nun einem breiteren Politiker-Kreis nähergebracht wurde. Die Wirtschaftsanwälte mit Schwerpunkt bAV und Arbeitsrecht appellieren dabei an Regierung und Parlament, unverzüglich einen "Reset der Alterssicherung in Deutschland in die Wege zu leiten", so Arteaga.

Im Grunde werden dieselben Forderungen wie beim bAV-Kongress im Frühjahr erhoben. Man will die Abgeordneten und Fachpolitiker auf eine schnelle Reform einschwören, um den Anstieg immer weiterer Leistungen aus dem Bundeshaushalt zu bremsen, die sich 2025 schon auf rund 120 Milliarden Euro summieren. Dies soll laut den Anwälten an einem "Runden Tisch" mit allen betroffenen Gruppen geschehen, unter Verzicht auf eine Rentenkommission bisheriger Prägung, wie sie von der Bundesregierung vorgesehen ist.

Betriebsrente als flächendeckende Ergänzung zur gesetzlichen Rente
"Die Zuschüsse und Erstattungen an die Rentenversicherung beanspruchen bereits rund ein Viertel des Bundeshaushalts, mit stark steigender Tendenz. Diese instabile Situation beschädigt das Vertrauen der Bevölkerung in die Rente und gefährdet im Ergebnis unsere Demokratie als Ganzes", erklärt Arteaga. Eine neue Rentenkommission werde keine zusätzlichen Erkenntnisse liefern können. Entscheidend sei nun, dass die politischen Parteien jetzt die Erwartungen der Bevölkerung erfüllen und rasch Entscheidungen treffen.

Weniger Finanzmittel aus dem Bundeshaushalt für die gesetzliche Rente einzusetzen sei für die dauerhafte Reform der Alterssicherung jedoch nicht ausreichend. Es sei eine flächendeckende Ergänzung zur gesetzlichen Rente nötig – sinnvollerweise als Betriebsrente. "Die bAV ist kollektiv organisiert, fasst also große Gruppen von Beschäftigten in einem ganzen Unternehmen oder einer ganzen Branche als Versichertengemeinschaft zusammen", erklärt Arteaga. Sie könne daher die biometrischen Risiken Langlebigkeit, Invalidität und Hinterbliebenenabsicherung gut abdecken. Die bAV könne die nötigen Dämpfer bei der gesetzlichen Rente ausgleichen oder gar überkompensieren.

BRSG 2.0 reicht nicht aus
Gleichwohl kritisierten die Arbeitsrechtler den aktuellen Reformstand. Das vom Kabinett soeben als Gesetzentwurf verabschiedete BRSG 2.0 wird nach Ansicht des Eberbacher Kreises eine solche flächendeckende Ergänzung der gesetzlichen Rente nicht bewirken. Zwar korrigiere es punktuell für einzelne bereits bestehende Betriebsrentensysteme relevante Details. Ein Impuls zur Ausbreitung der Betriebsrenten gehe vom Gesetz jedoch nicht aus. "Insbesondere die im Gesetz angelegte Hoffnung, dass sich tarifungebundene Unternehmen freiwillig dauerhaft einem Altersversorgungs-Tarifvertrag unterwerfen, ist schlicht töricht", so Arteaga.  

Hintergrund: Betriebsrente definiert sich hierzulande über das Arbeitsrecht, denn der Arbeitgeber macht Zusagen für die bAV und wählt zumeist auch die Art der Kapitalanlage aus. Daher hat es Gewicht, wenn der Eberbacher Kreis, dessen Mitglieder große Konzerne zur bAV beraten, Alarm schlägt. Eine durchschnittliche Betriebsrente von rund 100 Euro pro Monat sei gemessen an der Versorgungslücke viel zu niedrig.

Reine Beitragszusage auch ohne Tarifvorbehalt erlauben
Die Hälfte der acht Forderungen betrifft die reine Beitragszusage (rBZ), die über das Sozialpartnermodell (SPM) in einigen wenigen Bereichen organisiert wird und bislang nur per Tarifvertrag erlaubt ist. "Die rBZ muss für alle Unternehmen möglich sein, auch wenn sie nicht tarifgebunden sind oder wenn ein für ihre Branche und ihre Region geltender Flächentarifvertrag nicht existiert", fordert Arteaga, der als Mitautor des maßgeblichen BMAS-Gutachtens 2016 als einer der Väter des SPM gilt. Der Tarifvorbehalt müsse deshalb entfallen.

Sollten die Reformideen bei der Bundesregierung auf fruchtbaren Boden fallen, könnten auch auf bAV spezialisierte Versicherungsmakler profitieren. Weniger Bürokratie und weniger Arbeitgeber-Haftung würden den Maklern Türen bei weiteren Firmenkunden öffnen und damit zur besseren bAV-Verbreitung beitragen. (dpo)