Nachhaltigkeit spielt für deutsche Finanzberater weiterhin eine begrenzte Rolle. Das legen Zahlen aus dem neuen Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) nahe. Zwei Drittel der befragten unabhängigen Berater und Bankberater sagen, dass bei ihren Kunden der nachhaltige Portfolioanteil weniger als 25 Prozent ausmacht. Nur 18 Prozent geben an, dass bis zur Hälfte der Assets nach spezifischen Kriterien veranlagt sind.

Zu beachten ist, dass die Stichprobe mit 198 Beratern klein ist. Es gehe um eine Tendenz, sagte Verena Menne, Geschäftsführerin des FNG, bei der Präsentation der Zahlen. Die Berater-Perspektive wurde dieses Jahr erstmals im Rahmen des Jahresberichtes erhoben.

Pessimismus
Eingetrübt hat sich die generelle Erwartung zum Nachhaltigkeitsmarkt. Acht Prozent der befragten Banken und Asset Manager (statt einem Prozent im Vorjahr) erwarten für das Jahr 2025 Rückgänge von bis zu zehn Prozent. 37 Prozent gehen für das laufende Jahr von einer Marktstagnation aus, während dies in der 2024er-Befragung nur 16 Prozent prognostizierten.

Quelle: FNG

Die Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit am Finanzmarkt haben sich aus Sicht der Akteure verschlechtert, so Menne. 89 Prozent der Befragten sehen den Grund dafür in globalen geopolitischen und politischen Unsicherheiten, etwa im Rechtsruck in westlichen Demokratien. Bei Wahlen würden Themen wie Klimaschutz weniger wichtig, dazu komme der Abbau von Berichtspflichten. Und es werde angenommen, dass geopolitische Spannungen ESG-Kriterien aufweichen, etwa durch den Einzug von Rüstungsunternehmen in nachhaltige Finanzprodukte.

Rüstung: Haltung nach Russland-Invasion noch eindeutiger
Apropos Rüstung: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat dazu geführt, dass etliche Anbieter Verteidigungsinvestitionen neu bewerteten und im Sinne des Schutzes der Demokratie als nachhaltig betrachten.

Die spezialisierten Branchenteilnehmer haben indes in dieser Frage ihre Haltung geschärft: Bei den deutschen Banken mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt sagen 87 Prozent, dass sie sämtliche Waffenfinanzierungen ausschließen. Und bei den nachhaltigen deutschen Asset Managern verbannen 72 Prozent Waffen. Vor Beginn der russischen Invasion waren das nur 60 Prozent. Es handelt sich hier wieder um einen kleinen Marktausschnitt mit einem Kreditvolumen von 45 Milliarden Euro.

Nachhaltigkeitsmethoden
Nachhaltigkeit bedeutet für fast alle Befragten, dass sie Ausschlüsse festlegen und eine ESG-Integration betreiben (über 95 Prozent). Normbasiertes Screening (85 Prozent) gewinne an Bedeutung, so Menne. Engagement (83 Prozent) und Stimmrechtsausübung (74 Prozent) sind ebenfalls ein nicht mehr wegzudenkender Standard. Best-in-Class-Ansätze verlieren dagegen mit 31 Prozent an Bedeutung. Eine untergeordnete Rolle spielen Impact Investing (zwölf Prozent) und nachhaltige Themenfonds (vier Prozent).

An der Befragung nahmen 89 Finanzinstitute aus dem deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Liechtenstein) teil. Aus Deutschland stammten 65 Unternehmen, die Assets in Höhe von 672 Milliarden Euro verwalten. (eml)