Das Ergebnis ist schon verblüffend: Aktienunternehmen mit wenigstens einer Frau im oberen Management haben 2016 im Schnitt eine um 3,5 Prozentpunkte bessere Performance hingelegt als Firmen ohne ein einziges weibliches Mitglied in der Führungsetage. Das zeigt die Studie "The CS Gender 3000“, für die die Schweizer Großbank Credit Suisse weltweit 3.400 Unternehmen befragt hat. Ob das interessante Resultat Fondsmanager auch dazu bewegen sollte, verstärkt Aktien von Firmen mit Frauen in der Führung in ihre Portfolios aufzunehmen, darüber diskutierten vier Experten auf dem diesjährigen Gipfel des Netzwerkes "Die Fondsfrauen“ in Mannheim.

Sogenannte Gender-Investments, Anlagestrategien also, bei denen bewusst auf Unternehmen gesetzt wird, die auf der oberen Führungsebene eine bestimmte Frauenquote erfüllen, entwickeln sich in Deutschland ganz allmählich zum Trend. In den vergangenen zwei Jahren sind immerhin bereits drei passgenaue Fonds aufgelegt worden. "Ich glaube nicht, dass es sich dabei um eine reine Modererscheinung handelt“, sagte Götz Feldmann, Geschäftsführer und Leiter Institutional Sales bei Robeco. 

Outperformance steigt mit Frauenquote
Anja Hochberg, Chief Investment Officer Schweiz bei Credit Suisse, teilt diese Ansicht. "Wir leben in einer Welt der geringen Erträge“, erklärte sie auf dem Podium im Mannheimer Hotel Leonardo. Dabei würden Fondsmanager jede Gelegenheit nutzen, um Alpha zu generieren. Gender-Fonds könnten dies langfristig bieten. "Unsere Studie hat ergeben, dass die Outperformance von Unternehmen steigt, je höher die Frauenquote ist und je mehr Frauen im Aufsichtsrat und auch im Vorstand vertreten sind“, sagte Hochberg.
Credit Suisse verfolge die Ergebnisse der Studie, die bereits seit 2006 jährlich erstellt wird, mit großem Interesse. Der Gender-Aspekt habe aber bislang keinen Eingang in die Research-Kriterien für die Auswahl von Aktien gefunden, schränkte Hochberg ein. 

Britta Weidenbach, EMEA Co-Head of Equities und Managing Director bei der Deutschen Asset Management, sieht die Sache eher skeptisch. Bisher sei ein Zusammenhang zwischen einer hohen Frauenquote und dem Börsenerfolg eines Unternehmens wissenschaftlich noch nie belegt worden, erklärte sie. "Man muss außerdem bedenken, dass nur sieben Prozent der Vorstände von deutschen börsennotierten Unternehmen weiblich sind“, sagte sie. "Wenn ich das Gender-Thema als vorrangiges Kriterium für die Aktienauswahl betrachten würde, wäre mein Anlageuniversum in Deutschland enorm eingeschränkt“, sagte Weidenbach.

Frauen in Aufsichtsräten stärker vertreten
In der Tat seien noch immer relativ wenige Frauen in den Vorstandsetagen deutscher börsennotierter Unternehmen zu finden, bestätigte Monika Schulz-Strelow, Präsidentin des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR), Berlin, in ihrem Vortrag. Deutlich höher sei der Frauenanteil in den Aufsichtsräten – eine Auswirkung des Gesetzes für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen, das im Mai 2015 in Kraft getreten ist. Seit dem 1. Januar 2016 verpflichtet das Gesetz börsennotierte, voll mitbestimmungspflichtige Firmen bei Neubesetzungen im Aufsichtsrat sicherzustellen, dass mindestens 30 Prozent der Posten von Frauen besetzt werden. 

"Es ist nicht so, dass das Gesetz nichts gebracht hätte“, sagte Schulz-Strelow. Umfragen von FidAR hätten jedoch gezeigt, dass Unternehmen, die keine Frauenquote einhalten, aber Zielvorgaben entwickeln müssen, dieser Pflicht oft nicht nachkämen. "Da hört man dann oft: 'Wir haben keine solchen Vorgaben und wir planen auch keine‘“, sagte die FidAR-Frau, die als Lobbyistin in Berlin sehr aktiv ist.

Liegt es nur an den Unternehmen oder haben Frauen eventuell einfach ein geringeres Interesse an Führungspositionen als Männer? Nein, sagt Professor Alexandra Niessen-Ruenzi, Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Corporate Governance an der Universität Mannheim. "Wissenschaftliche Experimente haben allerdings gezeigt, dass Frauen – zumindest in Deutschland – den Wettbewerb viel stärker scheuen als Männer“, sagt die Expertin.

Sympathische Ausstrahlung zählt
"Wir haben auch herausgefunden, dass sich dies durchaus ändern kann, wenn Frauen Vorbilder finden, die selbst sehr wettbewerbsfreudig sind“, sagt NIessen-Ruenzi. Das Problem dabei: Es müssen die richtigen Vorbilder sein. Sie dürfen nicht nur Kampfgeist und Spaß am Wettbewerb zeigen, sie müssen gleichzeitig eine sympathische Ausstrahlung haben. "Als echtes Vorbild stellte sich in unseren Experimenten zum Beispiel ganz klar die Tennisspielerin Serena Williams heraus“, berichtet die Professorin.

Echte Vorbilder können Frauen auch bei den Fondsfrauen finden. Das Karrierenetzwerk zur Förderung und Gleichstellung von Frauen in der Investmentfondsindustrie ist noch recht jung. Es möchte Frauen motivieren, anspruchsvolle, interessante Positionen anzustreben und tritt für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Darüber hinaus ist es dem Netzwerk ein Anliegen, Frauen dazu zu bewegen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. 

Die Fondsfrauen hatten auf dem FONDS professionell KONGRESS 2015 quasi "Premiere". Dort stellte das Netzwerk erstmals seine Ziele und Motivationen öffentlich vor. Seitdem hat sich viel getan. "Wir sind 2016 ein gutes Stück vorangekommen“, sagte Anne E. Connelly, Geschäftsführende Gesellschafterin der Fondsfrauen beim diesjährigen Gipfel. 100 Mitglieder seien inzwischen registriert, das Netzwerk habe neun Fördermitglieder, darunter die Credit Suisse sowie die Fondsgesellschaften wie Union Investment und Franklin Templeton.

Finanzplattform für Frauen geplant
Damit Frauen besser lernen können, sich mit dem Thema "Geld und Geld anlegen“ auseinanderzusetzen, planen die Fondsfrauen für 2017 eine eigene Finanzplattform mit dem Namen "Her Money“. "Frauen brauchen keine anderen Finanzprodukte als Männer“, erklärte Connelly. Sie bräuchten aber eine andere Ansprache. "Auf der neuen Plattform wollen wir Fakten und Emotion verbinden“, sagte die Fondsfrau. Aber mehr wird noch nicht verraten. (am)