Fondsfrauen-Gipfel 2018: Finanzbranche bei Frauen unbeliebt
Angehende Akademiker sehen die Finanzindustrie als wettbewerbsintensiv, wenig familienfreundlich und von geringer Moral. Männer würden dennoch gern in der Branche arbeiten, Frauen nicht. Dies zeigt eine Untersuchung der Universität Mannheim im Auftrag des Karrierenetzwerks Fondsfrauen.
Banken und Fondsgesellschaften stehen bei Studenten in Deutschland und in der Schweiz nicht gerade hoch im Kurs. Unter 13 Branchen bewerten die angehenden Akademiker das Image des Finanzsektors am zweitschlechtesten. Noch miserabler schneidet nur die Energiebranche ab. Dennoch gehört die Finanzindustrie für männliche Studenten zu den drei Branchen, in denen sie später gerne einen Job finden würden.
Für Frauen hingegen kommt der Finanzsektor auf der Liste der für einen Arbeitsplatz attraktivsten Branchen erst auf Platz sieben. Dies ist das Ergebnis der Studie "Fearless Girls? Gründe für den geringen Anteil von Frauen in der Finanzindustrie", die die Universität Mannheim im Auftrag des Karrierenetzwerks Fondsfrauen erstellt hat.
Kaum Frauen in Führungspositionen
"Im Jahr 2016 hatten wir gemeinsam mit KPMG eine Studie veröffentlicht, die sich mit der Gender Diversity in unserer Branche beschäftigte", sagte Anke Dembowsi, Mitgründerin der Fondsfrauen, am Dienstag auf dem Gipfel des Karrierenetzwerks in Mannheim. In der Untersuchung von 2016 zeigte sich, dass in der Finanzindustrie deutlich weniger Frauen als Männer arbeiten, und dass sie es seltener schaffen, in Führungspositionen zu gelangen.
"In Gesprächen mit Fondsgesellschaften haben wir dann oft gehört, dass diese Schwierigkeiten haben, genügend weibliche Nachwuchskräfte zu finden", berichtete Demobowski. Auf ausgeschriebene Führungspositionen melden sich offenbar keine oder nur sehr wenige Bewerberinnen. "Daher wollten wir in einer zweiten Studie in Erfahrung bringen, woran das liegt", sagte Dembowski.
Ernüchternde Ergebnisse
Die Resultate der Untersuchung, für die knapp 1.200 Studentinnen und Studenten der Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Mannheim, Frankfurt und St. Gallen befragt wurden, sind insgesamt ernüchternd: So stufen die Studienteilnehmer die Finanzbranche zwar durchaus als interessant ein. Sie gilt den Befragten aber gleichzeitig als extrem wettbewerbsintensiv und wenig familienfreundlich. Die Wichtigkeit moralischer Wertvorstellungen wird als gering eingeschätzt. Während Männer über diese Minuspunkte offensichtlich leichter hinwegsehen, ist das bei Frauen nicht der Fall.
So gaben die weiblichen Befragten öfter als die männlichen an, es sei für sie wichtig, einen Job mit ihren moralischen Prinzipien vereinbaren zu können. In der Finanzindustrie halten die meisten dies jedoch nicht für umsetzbar. 99 Prozent aller Studienteilnehmer nehmen die Finanzbranche als sehr kompetitiv wahr. Während 75 Prozent der Studenten aber Spaß daran haben, in Wettbewerbssituationen zu arbeiten, sind es bei den Frauen nur 50 Prozent. Zudem bewerten die Studentinnen die Branche als wenig familienfreundlich und männerdominiert.
Imagekampagnen allein bringen nichts
"Dass die Finanzbranche ein Imageproblem hat, ist ja nichts Neues", sagte Professor Alexandra Niessen-Ruenz, Inhaberin des Lehrstuhls für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Corporate Governance der Universität Mannheim. "Interessant finde ich aber, dass Frauen dies viel stärker wahrnehmen als Männer." Mit Imagekampagnen allein könnten die Unternehmen nicht dafür sorgen, mehr Frauen für Jobs und Führungspositionen zu begeistern, befand Sonja Albers, Bereichsleiterin Konzern Personal bei Union Asset Management.
In der anschließenden Podiumsdiskussion zu den Ergebnissen der Studie machte sie deutlich, es komme vielmehr darauf an, an die Hochschulen zu gehen und junge Frauen darüber zu informieren, welche Chancen in der Finanzindustrie liegen. In Norwegen gebe es solche Aktionen schon seit einiger Zeit, berichtete Alexandra Morris, Chief Investment Officer bei Skagen Funds. Allerdings sei es wichtig, dass sich angehende Akademikerinnen mit den Referentinnen, die aus der Branche berichten, identifizieren können. Die jungen Frauen bräuchten echte Role Models, weibliche Vorbilder also.
Große Asset Manager fördern Frauen eher
Für Frauen, die bereits bei Asset Managern tätig sind, wird durchaus schon einiges getan, damit sie auf der Karriereleiter leichter nach oben steigen können. "Allerdings gibt es hier Unterschiede zwischen großen und kleineren Fondsgesellschaften", erklärte Elmar Schobel, Partner bei KPMG. Die Förderung von Frauen sei auch für sie ein Grund gewesen, zu einem großen Unternehmen zu gehen, berichtete Alexandra Haggard Head of Consultant Relations, EMEA, Managing Director bei Blackrock. Mentoren- und Coaching-Programme seien hier längst üblich. Ähnlich sei es auch bei Fidelity, sagte Ferdinand-Alexander Leisten, Leiter des Deutschlandgeschäfts von Fidelity International.
Frauen in der Finanzbranche sollten sich ihrer eigenen Fähigkeiten und ihres Wertes für das Unternehmen viel bewusster werden, konstatierte Leisten. Nur so könnten sie für sie auch die Position beanspruchen, die ihren Leistungen wirklich entspricht – und das passende Gehalt dazu. "Nur 6,9 Prozent der Frauen verhandeln überhaupt über ihr Einstiegsgehalt", sagte Alexandra Morris. Das müsse sich dringend ändern, befand sie. "Wir müssen ihnen zurufen: 'Steht endlich auf!'" (am)