Forscher: Was Vermögensverwalter erfolgreich macht
Onlinebroker und ETF-Anbieter wissen: Steigen die Aktienkurse, boomt das Geschäft. Für unabhängige Vermögensverwalter gilt diese Formel jedoch nicht, betont Hartwig Webersinke. Für sie sind dem Hochschullehrer zufolge völlig andere Parameter erfolgsentscheidend.
Unabhängige Vermögensverwalter sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie viel Zeit in die Betreuung ihrer Kunden investieren und so deren Vertrauen gewinnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Instituts für Vermögensverwaltung (InVV) an der Technischen Hochschule Aschaffenburg.
Das InVV erhebt seit zehn Jahren mit einer Umfrage unter unabhängigen Vermögensverwaltern Zahlen rund um deren Geschäft. Im Schnitt beteiligen sich pro Jahr etwa 150 der insgesamt rund 400 Anbieter aus Deutschland an der Erhebung. Mehr als 40 Gesellschaften füllten den umfangreichen Fragebogen Jahr für Jahr aus. Die Angaben dieser regelmäßigen Teilnehmer ("Panel") dienten als Grundlage für die jüngste Auswertung.
75 Prozent mehr Kunden als vor zehn Jahren
Demnach konnten die Vermögensverwalter aus dem Panel die Zahl ihrer Kunden jedes Jahr steigern – unabhängig von der Entwicklung an den Finanzmärkten. Zuletzt betreuten die Anbieter im Schnitt 578 Kunden, 75 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Auch das verwaltete Vermögen legte in diesem Zeitraum sehr deutlich und fast kontinuierlich zu, und zwar um fast 300 auf zuletzt 481 Millionen Euro.
"Interessant ist, dass es den Vermögensverwaltern insbesondere in Zeiten unruhiger Finanzmärkte gelang, Kunden zu gewinnen", sagte InVV-Leiter Hartwig Webersinke, Dekan der Fakultät Wirtschaft und Recht an der Hochschule, bei einem vom Branchenverband VuV organisierten Pressegespräch. "In steigenden Märkten legte das verwaltete Vermögen dagegen nur unterdurchschnittlich zu. In solchen Phasen profitieren eher die Onlinebroker und ETF-Anbieter."
Mehr Zeit beim Kunden
Die Vermögensverwalter aus dem Panel haben ihre Kundenbetreuung über die vergangenen Jahre messbar intensiviert: Bei der ersten InVV-Erhebung vor zehn Jahren gaben sie noch an, 33 Prozent ihrer täglichen Arbeitszeit mit Kunden zu verbringen, bei der letzten Umfrage lag die Quote schon bei 47 Prozent. "Möglich wurde das, weil Backoffice-Tätigkeiten offensichtlich weniger Zeit in Anspruch nehmen als noch vor einigen Jahren – da zeigt sich ein positiver Effekt der Digitalisierung", so Webersinke. "Der Anteil der Arbeitszeit, der für die Regulierung aufgebracht werden muss, blieb über die Jahre dagegen recht konstant bei 20 bis 25 Prozent."
Nicht nur die Zeit beim Kunden, sondern auch die Zahl der Mitarbeiter legte recht gleichmäßig zu: Zuletzt beschäftigten die Vermögensverwalter im Schnitt 10,7 Kollegen, vor zehn Jahren waren es nur 7,4 gewesen. "Unsere Analyse zeigt: Insbesondere die Vermögensverwalter, die den Kontakt zu ihren Kunden intensiviert und in neue Mitarbeiter investiert haben, konnten ihre Assets under Management steigern", erläutert Webersinke.
Die meisten Neukunden kommen über Empfehlungen
Vor allem in unruhigen Börsenzeiten seien die Menschen – meist keine Finanzexperten – dankbar für einen kompetenten Gesprächspartner. "Vertrauen kommt nicht über Nacht, es wird über viele Gespräche hinweg aufgebaut", betont der Hochschullehrer. "Wenn die Kunden dann Vertrauen gefasst haben, sind sie bereit, Schritt für Schritt Geld vom Girokonto in die Vermögensverwaltung umzuschichten." Den Mandanten gehe es dabei nicht darum, eine sensationelle Performance zu erzielen. Viel wichtiger sei ihnen, jemanden an ihrer Seite zu wissen, der in rauen Zeiten gut auf ihr Vermögen aufpasse.
Thomas Buckard, Chef des Wuppertaler Vermögensverwalters MPF und Mitglied im VuV-Vorstand, pflichtete Webersinke während des Pressegesprächs bei: "Die wichtigste Währung für Vermögensverwalter ist nicht der Dollar, erst recht nicht der Bitcoin, es ist das Vertrauen der Kunden." Ihm zufolge gewinnen die unabhängigen Vermögensverwalter 98 Prozent ihrer Neukunden über Weiterempfehlungen. "Das ist denke ich der schönste Vertrauensbeweis", so Buckard. (bm)