Der Generationenvertrag, jahrzehntelang schon fast eine Art Monstranz des sozialen Zusammenhalts in Deutschland, steht zunehmend in der Kritik. Das bestätigt auch die neue repräsentative Generationenstudie mit dem Titel "Konsens oder Konflikt – wie verstehen sich Generationen?", die das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) nun vorgelegt hat. Demnach empfinden gerade Jüngere das Umlagesystem nicht nur als ungerecht, sondern als gar nicht mehr zukunftsfähig.

44 Prozent der Befragten bewerten demnach die finanzielle Belastung der jüngeren Generation durch Renten- und Sozialsysteme als "zu hoch", lediglich ein gutes Drittel hält sie für angemessen. Besonders kritisch äußern sich die 30- bis 49-Jährigen, eine Altersgruppe, die familiär und beruflich stark beansprucht ist. Sie tragen gleichzeitig Verantwortung für Kinder, die eigene Altersvorsorge und häufig auch für pflegebedürftige Eltern. In ihr verdichten sich die strukturellen Überforderungen, die viele in Deutschland inzwischen mit dem Thema Altersvorsorge verbinden.

Das Vertrauen der Jüngeren schwindet, und das nicht ohne Grund
"Wir wissen seit Jahrzehnten, dass das System kippen wird – und tun zu wenig, um es zu ändern", warnt deshalb der Generationenforscher Rüdiger Maas, der die Studie mit einem Experteninterview begleitet hat, und spricht Klartext: "Der Generationenvertrag ist eine Frechheit gegenüber den Jüngeren: Sie finanzieren ein System, von dem sie selbst kaum noch profitieren werden."

Und die Daten geben ihm Recht: Zwar erkennen viele die Notwendigkeit von Reformen, doch konkrete Vorschläge stoßen schnell auf Ablehnung, besonders bei Älteren. Rund 75 Prozent der über 60-Jährigen lehnen eine Erhöhung des Rentenalters ab. Aber auch unter den 18- bis 39-Jährigen sprechen sich nur rund 17 Prozent für längeres Arbeiten aus, um das System zu stabilisieren. Was darauf hindeutet, dass diese Generation deutlich realistischer ist in ihrer Einschätzung der demografischen Herausforderungen und bereit zu sein scheint, über echte Alternativen nachzudenken.

Entkernung der Debatte
Als zentrales Problem bleibt laut Sylvia Kreyßel-Minar das Festhalten am Status quo. "Das deutsche Rentensystem gilt als Symbol sozialer Sicherheit", so die Studienautorin. Doch diese Stabilität sei trügerisch. "Reformen werden oft verschoben, weil sie politisch unbequem sind", so die Expertin. "Daraus resultiert ein struktureller Stillstand, der die politische Debatte entkernt – und langfristig die Legitimität des Generationenvertrags gefährdet."

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Generationengerechtigkeit zur zentralen Zukunftsfrage geworden ist. Viele Jüngere sehen sich doppelt belastet – durch steigende Abgaben heute und unsichere Rentenansprüche morgen. Ältere hingegen fühlen sich von der Debatte um ihre erworbenen Ansprüche zunehmend moralisch unter Druck gesetzt. Deshalb fordert Generationenforscher Maas: "Wir brauchen einen echten Neustart im Denken. Ein gerechter Generationenvertrag muss alle einbeziehen – auch Beamte und Selbstständige." Wenn überhaupt lasse sich nur so Vertrauen zurückgewinnen.

Für die Generationenstudie 2025, die auf der Homepage des DIA zum Download zur Verfügung steht, wurden bundesweit 3.000 Personen ab 18 Jahren befragt. Die repräsentative Erhebung wurde in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere durchgeführt. Ergänzend flossen historische Daten, internationale Vergleiche und qualitative Interviews ein, darunter das erwähnte Gespräch mit Rüdiger Maas. (hh)