Mit dem Lyxor Net Zero 2050 S&P 500 Climate PAB dachte Ali Masarwah, alles richtig gemacht zu haben: Der Luxemburger Indexfonds war günstig und passte hervorragend in das "ETF Portfolio Nachhaltigkeit", das er Anlegern über sein Portal Envestor.de anbietet. Vor allem aber: Der Fonds war mit rund zwei Milliarden Euro groß genug, um potenziell jahrelang im Depot liegen zu bleiben, statt plötzlich geschlossen zu werden. Ende 2023 passierte dann genau das: Der ETF wurde auf den irischen Amundi S&P 500 Climate Net Zero Ambition verschmolzen – mit Folgen für Masarwahs Kunden.

"Da es sich um eine grenzüberschreitende Fondsfusion handelt, wurde die Verschmelzung steuerlich wie ein Verkauf des alten und Kauf des neuen ETFs gewertet", erläutert der Envestor-Chef. "Deshalb mussten unsere Kunden die aufgelaufenen Kursgewinne versteuern. Oder anders formuliert: Ihr Depotvermögen schrumpfte spürbar, weil Abgeltungsteuer abgezogen wurde." In der ETF-Branche sei die Übernahme von Lyxor durch Amundi als smarter Konsolidierungsschritt gefeiert worden. "Dass dieser 'Event' für viele Anleger unangenehme Folgen hatte, wird dabei gerne vergessen", meint Masarwah.

"Mitunter sind die Investoren die Leidtragenden"
Mirko Hajek, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Rheinische Portfolio Management, pflichtet Masarwah bei. Auch er erinnert sich an eine grenzüberschreitende Fusion eines Lyxor-ETFs, der in Kundendepots lag. "Für Amundi ergibt es natürlich Sinn, die ETF-Palette zu konsolidieren, aus Anbietersicht ist dieser Schritt absolut nachvollziehbar", sagt Hajek. "Doch mitunter sind in solchen Fällen die Investoren die Leidtragenden, weil sie Abgeltungsteuer entrichten müssen und der Steuerstundungseffekt geschmälert wird." Hajek managt auch Dachfonds. Kommt es dort zu einer Verschmelzung eines Zielfonds, hat das steuerlich keine Auswirkungen.

Auch Eric Wiese, Geschäftsführer der Netfonds-Tochter NFS Hamburger Vermögen, weiß von Verschmelzungen von Lyxor- und Amundi-ETFs zu berichten – in diesem Fall in einigen Easyfolio-Strategien. "Es handelte sich allerdings um Luxemburger Fonds, bei denen nur der Name geändert wurde, die ISIN blieb gleich. Daher hatten diese Fusionen für unsere Kunden keine steuerlichen Auswirkungen."

"Es handelt sich nicht um eine Doppelbesteuerung"
Wiese warnt ohnehin davor, grenzüberschreitende Zusammenlegungen grundsätzlich als schlecht zu brandmarken. "Es gibt andere Steuereffekte, die sehr positiv sein können." Als Beispiel nennt er den Vorteil, den irische Fonds mit Blick auf amerikanische Aktien haben. "In Irland fallen auf US-Dividenden nur 15 Prozent Quellensteuer an statt 30 Prozent wie im restlichen Europa", sagt Wiese. "Wenn ein ETF, der hauptsächlich in US-Aktien investiert, von Luxemburg nach Irland verlegt wird, kann das für einen Anleger daher langfristig einen erheblichen Steuervorteil bedeuten."

Amundi betont auf Nachfrage, vor einer Fondsfusion stets die "verschiedenen Optionen und ihre Auswirkungen auf Anleger in verschiedenen Ländern" zu analysieren. "Die meisten Kunden verstehen, dass Fusionen Teil des Lebens einer Fondspalette sind und dass diese Maßnahmen in ihrem besten Interesse durchgeführt werden", teilt eine Sprecherin mit. Sie räumt ein, dass bei grenzüberschreitenden Fusionen zwar Steuern anfallen könnten. "Diese müssten aber früher oder später ohnehin gezahlt werden, wenn der ETF mit Gewinn verkauft wird. Es handelt sich also nicht um einen Fall von Doppelbesteuerung." (bm)


Der vollständige Artikel ist in FONDS professionell 3/2024 ab Seite 424 erschienen. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.