Immer mehr Fondsgesellschaften wagen sich auf das Terrain der aktiven ETFs. Das Segment ist in Europa zwar noch klein, wächst jedoch stark. Das Vorbild USA zeigt, wie groß der Markt werden kann. Dort kamen im vergangenen Jahr rund 600 neue aktive ETFs auf den Markt – gegenüber 150 Neuauflagen bei passiven ETFs, zeigen Daten der Ratinggesellschaft Morningstar. Doch ob das Segment in Europa ebenso dynamisch wachsen und letztendlich herkömmliche Publikumsfonds verdrängen wird, ist noch nicht ausgemacht.

"Immer mehr Anbieter legen aktive ETFs auf – mit einer Einschränkung: Es sind diejenigen, die bereits das Instrument ETFs beherrschen", sagt Wesselin Kruschev, Managing Principal bei der Beratungsgesellschaft Capco. "Manche Fondshäuser haben sich aber auch einen Partner gesucht, der das kann." Von der erforderlichen Technik und der Infrastruktur her würden sich Publikumsfonds und ETFs unterscheiden. So seien ETF-Anbieter häufig mit Investmentbanken verbunden oder hätten die aufwendige Infrastruktur selbst aufgebaut.

"Kosten sind das Nonplusultra"
"Daher wird es nicht möglich sein, in der Breite die 'klassischen' aktiven Fonds durch aktive ETFs zu ersetzen", meint Kruschev. Zudem hätten ETFs im Retailbereich ein spezifisches Publikum gefunden: die Selbstentscheider. "Bei diesen sind die Kosten das Nonplusultra", erläutert der Branchenkenner. Die Frage sei, ob sich diese Gruppe tatsächlich aktiven ETFs zuwenden werde. "Immerhin weisen diese in der Regel höhere Kosten als ihre rein passiven Pendants auf." Er bezweifle, dass aktive Anbieter durch aktive ETFs im großen Stil zusätzliche Kunden gewinnen werden.


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Zudem sei die Struktur des Fondsvertriebs in Europa anders aufgebaut als in den USA. "Die großen Fondsvertriebe sind auf Provisionen ausgerichtet", erläutert Kruschev. "Hier besteht kein zwingender Grund, sich mit aktiven ETFs zu beschäftigen", betont der Experte und folgert: "Aktive Fonds werden nicht rasch von aktiven ETFs ersetzt werden."

Falls aber ein aktiver Fondsmanager seine Bestände aus "normalen" aktiven Fonds in aktive ETFs drehen würde, dann würde sich "das durchaus auf die Marge auswirken", führt Kruschev aus. "Ein Ausweg wäre, dies über andere Produkte und Dienstleistungen zu kompensieren, etwa über Fondsvermögensverwaltungen", erläutert der Capco-Experte. "Da ist die Branche durchaus erfinderisch." (ert)