Indexfonds: Das sind die Lieblings-ETFs der Deutschen
Eine "Handelsblatt"-Umfrage bei Direktbanken und Neobrokern zeigt, in welche ETFs die Bundesbürger bevorzugt investieren. Das bedeutet aber nicht, dass diese Produkte für Privatanleger auch am besten geeignet sind.
ETFs auf den MSCI World sind derzeit die beliebtesten börsengehandelten Indexfonds der deutschen Privatanleger. Zu diesem Ergebnis kommt eine "Handelsblatt"-Umfrage. Weil sich ETFs hierzulande großer Beliebtheit erfreuen, wollte die Wirtschaftszeitung wissen, welche Indexfonds die Anleger bevorzugt kaufen – und ob sie mit ihren Entscheidungen richtig liegen.
Dafür hat das "Handelsblatt" bei ING, Comdirect, Consorsbank und Scalable nachgefragt, welche ETFs deutsche Privatanleger seit 2020 besonders häufig gekauft haben und in welche sie seit dem 1. Oktober 2022 investiert haben.
Die beiden beliebtesten ETFs
Der MSCI World gilt als Klassiker bei ETF-Sparern. Er bildet mehr als 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern ab und bescherte seinen Anlegern in der Vergangenheit stabile Renditen. Aber: Einige Experten sähen den Index inzwischen kritisch, berichtet das "Handelsblatt". Ali Masarwah, Analyst bei der Onlineplattform Envestor, erklärte der Zeitung, der MSCI World bestehe zu knapp zwei Dritteln aus US-Aktien. Besonders große Tech-Werte seien zu stark gewichtet.
Dadurch konnte der Index in den vergangenen Jahren zwar von der Tech-Rally profitieren. Mit der Zinswende gerieten diese Aktien aber stärker unter Druck. "Das sieht man auch am Ergebnis des vergangenen Jahres", so Masarwah. 2022 habe ein MSCI-World-ETF rund 13 Prozent nachgegeben, der europäische Leitindex Euro Stoxx 50 verlor im selben Zeitraum nur rund vier Prozent.
Auf Rang zwei liegen der Umfrage zufolge ETFs auf den S&P 500. Da der US-Aktienindex große Überschneidungen mit dem MSCI World aufweist, sieht auch die Entwicklung ähnlich aus: Rund 13,3 Prozent hat ein S&P-500-ETF im Jahr 2022 verloren.
Die Alternative
Masarwah rät eher zu Produkten, die den FTSE All-World abbilden; ETFs auf diesen Index, der neben Industrie- auch Schwellenländer enthält, gehören ebenfalls zu den Top-Fünf der Bundesbürger. Zwar sei auch dieser Index USA- und Tech-lastig, diversifiziere aber breiter als der MSCI World. Damit verringert sich das US-Gewicht auf unter 60 Prozent.
Obwohl der FTSE All-World breit streut, empfehlen sowohl Masarwah als auch Gerd Kommer, Buchautor und Gründer des gleichnamigen Vermögensverwalters, weitere Fonds ins Depot zu nehmen. Als Beimischung empfiehlt Masarwah eher ETFs, die die Wirtschaft der Europäischen Union abbilden, Kommer würde auf Schwellenländer und Rohstoffe setzen.
Zocken statt Zinsen
Während deutsche Privatanleger laut "Handelsblatt"-Umfrage langfristig vor allem internationale ETFs bevorzugen, die als risikoarm gelten, zeigt sich kurzfristig ein anderes Bild. Hier finden sich unter den Fonds, die bei den Depotbanken am häufigsten nachgefragt werden, zwei Short-ETFs auf den Dax, die von fallenden Kursen profitieren. Masarwah beurteilt diese Produkte jedoch als schwierig für Privatanleger: "Das hat nichts mit Investieren zu tun. Das ist reine Spekulation", zitiert ihn die Zeitung.
Ansonsten blieben Investoren seit Oktober ihren Favoriten treu. Beim europaweit festzustellenden Trend zu Anleihe-ETFs scheinen die Bundesbürger nicht mitmachen zu wollen. "Anleihen, vor allem Unternehmensanleihen hoher Bonität, haben im Zuge der Zinswende ein Comeback erlebt. Sie bieten attraktive Renditen und sind profitabel", sagte Kommer dem "Handelsblatt". In Deutschland hätten die Zinstitel aber ein schlechtes Image. Dies sei vermutlich ein Erbe der Nullzinsphase. (am)