Jurist: Warum ein Vermittler erhaltene Zuschüsse nicht erstatten muss
Ein Versicherer erhielt trotz fristloser Kündigung wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Handelsvertreters geleistete Zuschüsse nicht zurück. Die entsprechende Vertragsklausel stellte eine unangemessene Benachteiligung des Handelsvertreters dar, wie Anwalt Tim Banerjee in einem Beitrag erklärt.
Zwischen Handelsvertretern und auftraggebenden Gesellschaften kommt es immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. In der Regel geht es ums Geld nach dem Ende der Zusammenarbeit. So auch bei einem vor dem Landgericht Köln geführten Verfahren (Az.: 2 O 273/22), wie Rechtsanwalt Tim Banerjee von der Kanzlei Banerjee & Kollegen erläutert.
In dem Rechtsstreit zwischen einem Handelsvertreter und einer Versicherungsgesellschaft ging es im Kern um die Rückzahlung von Zuschüssen nach fristloser Kündigung des Agenturvertrags aus wichtigen Gründen. Der Handelsvertreter hatte einen Agenturvertrag mit der Versicherungsgesellschaft geschlossen und sich dafür verpflichtet, seine bisherige unternehmerische Tätigkeit aufzugeben. Die Versicherungsgesellschaft hatte Kostenzuschüsse für Auszubildende und Zusatzprovisionen für die Anbindung hauptberuflich tätiger Untervermittler gezahlt.
Vertreter war weiterhin selbst unternehmerisch tätig
"Die fristlose Kündigung beruhte darauf, dass der Handelsvertreter über seine Tätigkeit für die Versicherungsgesellschaft hinaus weiterhin unternehmerisch als Versicherungs- und Finanzdienstleistungsvermittler tätig war", so Banerjee, der den Beklagten vor Gericht vertrat. Das Gericht habe die Rückzahlung von 44.393,50 Euro zuzüglich Zinsen sowie die Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die Kosten des Rechtsstreits durch den Handelsvertreter jedoch abgelehnt. "Die Versicherung hatte dann Berufung eingelegt, ist aber durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln gescheitert."
Grund der Entscheidung des Gerichtes sei ein "Verstoß gegen Treu und Glauben bei der vertraglichen Zusatzklausel zu den vereinbarten Rückzahlungspflichten" gewesen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) besagt laut Banerjee in Paragraf 307, dass eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen ist, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Vertreter hätte Rückzahlungspflicht auch selbst ausgelöst
Dieser Sachverhalt liegt dem Juristen zufolge hier vor, weil auch der Handelsvertreter die Rückzahlungspflichten ausgelöst hätte, wenn er selbst den Agenturvertrag aus wichtigen Gründen fristlos gekündigt hätte, etwa aufgrund pflichtwidrigen Verhaltens der Auftraggeberin. "Da die Klausel dem Wortlaut nach keine Differenzierung nach Verantwortungsbereichen für die fristlose Kündigung enthält, kann in diese laut Gericht auch nicht hineingelesen werden, dass stets ein schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters Voraussetzung für eine Zahlungspflicht sei", erklärt Banerjee.
Er rät Handelsvertretern daher, bei der Vertragsgestaltung von vorneherein darauf zu achten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben eingehalten wird. "Das stellt sicher, dass die Interessen beider Vertragsparteien angemessen berücksichtigt werden und dass keine Partei unbillig benachteiligt wird. Es existieren klare gesetzliche Vorgaben, dass Vertragsklauseln nicht willkürlich und einseitig zulasten einer Vertragspartei ausgestaltet sein dürfen." Vertragsbestimmungen dürfen also nicht einseitig nur die Interessen des Verwenders schützen. Jede Klausel sollte auf ein angemessenes Gleichgewicht der Rechte und Pflichten abzielen. Dies gilt es, vor der Unterschrift eines Vertrages juristisch zu prüfen. Ebenso seien Zuschussvereinbarungen (ob Provision oder wie hier für Angestellte) genauestens zu überprüfen und darauf zu achten, ob diese im Falle der Kündigung zurückzuzahlen seien. (jb)