Niedrigster Tilgungssatz bei Baufinanzierungen seit zehn Jahren
Aufgrund der höheren Zinsen wählen Darlehensnehmer bei Baufinanzierungen aktuell vermehrt eine niedrige Tilgung, um ihre monatliche Rate so gering wie möglich zu halten. Daher liegt der anfängliche Tilgungssatz zum ersten Mal seit langer Zeit wieder unter zwei Prozent.
Der Tilgungssatz bei Baufinanzierungen ist so niedrig wie seit beinahe einer Dekade nicht mehr. Dies zeigt der Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung (DTB). "Erst- sowie Anschlussfinanzierungen wurden im November durchschnittlich mit einem anfänglichen Tilgungssatz von 1,98 Prozent aufgenommen", berichtet Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Lübecker Finanzvertriebs Dr. Klein Privatkunden. Zuletzt habe der Satz vor fast zehn Jahren unter der Zwei-Prozent-Marke gelegen.
"Darlehensnehmer wählen in Zeiten höherer Zinsen vermehrt eine niedrige Tilgung, um die monatliche Darlehensrate so gering wie möglich zu halten", erläutert Neumann. Aktuell böten viele Kreditinstitute wieder niedrigere anfängliche Tilgungssätze an und erwarteten nicht mehr unbedingt eine Mindesttilgung von zwei Prozent. "Kreditnehmer sollten dennoch die mögliche Tilgung sorgfältig prüfen", mahnt Neumann. Denn: Je niedriger diese angesetzt ist, desto länger dauert es, bis das Darlehen zurückgeführt ist.
Viel Eigenkapital, sichere Finanzierungen
Der Beleihungsauslauf hat dem Experten zufolge im November wieder leichten Aufwind erfahren. Aktuell beträgt er mit 81,78 Prozent rund ein Prozentpunkt mehr als im Oktober. "Insgesamt ist der Wert sehr niedrig und lässt auf einen hohen Eigenkapitaleinsatz der Kreditnehmer und damit auf sichere Finanzierungen schließen", so Neumann. Der Beleihungsauslauf bezeichnet das Verhältnis der Darlehenshöhe zum Beleihungswert der Immobilie. Dieser ist aufgrund von Sicherheitsabschlägen der Bank nicht identisch mit dem Kaufpreis des Objektes.
Auch die sogenannte Standardrate ist im November gestiegen – um 13 Euro auf 1.518 Euro. Die Standardrate spiegelt die Entwicklung der Zinskosten und wird für eine Beispielfinanzierung mit folgenden Eckdaten berechnet: ein Darlehen über 300.000 Euro mit zwei Prozent Tilgung, 80 Prozent Beleihungsauslauf sowie zehn Jahren Zinsbindung. Nach dem jüngsten Anstieg zahlen Kreditnehmer jetzt mehr als doppelt so viel für die Baufinanzierung als noch vor zwei Jahren.
Höhere Darlehen
"War die durchschnittliche Darlehenshöhe im Oktober mit 277.000 Euro noch rückläufig, hat sich der Trend im November umgekehrt", berichtet Neumann. Immobilienkäufer und Bauherren hätten wieder deutlich höhere Beträge aufgenommen. "Mit einer durchschnittlichen Summe von 283.000 Euro realisieren sich Kreditnehmer aktuell ihren Traum vom Eigenheim", sagt Neumann. Dieser Wert liegt allerdings noch weit unter dem Vorjahresniveau: Im November 2021 betrug die durchschnittliche Darlehenshöhe 312.000 Euro.
Im November dieses Jahres wollten sich Kreditnehmer nicht mehr ganz so lange auf ihren Zins festlegen wie noch einen Monat zuvor. Die durchschnittliche Zinsbindung liegt Neumann zufolge bei zwölf Jahren und zehn Monaten. Im Oktober waren es vier Monate mehr gewesen. "Damit setzen Immobilienkäufer immer noch auf eine langfristige Zins- und Planungssicherheit. Und verschaffen sich einen langen Zeitraum für die Tilgung des Darlehens, bevor die Anschlussfinanzierung ansteht", sagt Neumann. (am)
Detaillierte Daten und übersichtliche Grafiken zu den Auswirkungen der Zinswende auf die Baufinanzierung finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 4/2022 von FONDS professionell ab Seite 430. Angemeldete Nutzer können sich den Beitrag auch hier im E-Magazin anschauen.