Recherche: Ominöser Beraterverband bringt die Branche gegen sich auf
Der Inhaber der Deutschen Honorarberatung, Christian Hagemann, erhält auffällig oft Leads von einem Verband, den er selbst mitgegründet hat. Interessenverflechtungen streiten er und der Verband selbst vehement ab. FONDS professionell hat sich auf eine ausgedehnte Recherche begeben.
Es geht nach Düsseldorf in die Königsallee 14. Hier, in der Zentrale der Deutschen Honorarberatung, steht ein Gespräch mit Inhaber Christian Hagemann an. In den vergangenen Monaten ist Hagemann immer wieder in die Kritik der Medien geraten – zusammen mit dem Bundesverband unabhängiger Honorarberater gemeinnütziger e.V. mit Sitz in Berlin, den er mitgegründet hat. Der Vorwurf: Der Verband empfehle Verbrauchern, die auf seiner Website nach einem Honorarberater suchen, auffallend häufig die Deutsche Honorarberatung. Hagemann nutze den Bundesverband als "Lead-Maschine". Die Branche der Honorarberater ist deshalb aufgebracht.
Zuerst hatte im Juli 2022 die "Wirtschaftswoche" über mutmaßliche Interessenverflechtungen zwischen dem Verband und Hagemanns Beratungsfirma berichtet. Im August kam die Redaktion des Verbrauchermagazins "Finanztest" zum Ergebnis, der Bundesverband empfehle die Deutsche Honorarberatung "auffällig oft". Nachdem FONDS professionell bereits im August 2022 eine erste Recherche für einen Onlineartikel gestartet hatte, wollte die Redaktion der Sache nun weiter auf den Grund gehen.
Interview wird verlegt
Die Zentrale von Hagemanns Firma befindet sich in einem "Business Center". Hier können Einzel- und Teambüros angemietet werden, die Einrichtung virtueller Büros ist ebenfalls möglich. Zahlreiche Firmenschilder prangen an der Wand links des Eingangs. Doch hier kann das Interview nicht stattfinden. Es habe mehrfach negative Berichterstattung über ihn und den Bundesverband gegeben, sagt Hagemann. Dabei seien vereinzelt auch Fotos der Firmenschilder am Eingang des Business Centers veröffentlicht worden. Daher wolle der Vermieter nicht, dass Hagemann in seinem Büro mit der Presse spreche. Also wird das Gespräch kurzerhand in die Lobby eines Hotels verlegt.
FONDS professionell begann lange zuvor mit der Recherche. Schon ein Blick auf die Homepage des Bundesverbandes zeigt: Finanzanlagenvermittler oder Versicherungsmakler, die auf Honorarbasis arbeiten, sind dem Verband ein Dorn im Auge. Ebenso Honorar-Finanzanlagenberater, die über eine Erlaubnis als Versicherungsmakler verfügen und im Versicherungsbereich Honorarberatung anbieten. Hagemann selbst sieht solche Vermittler als "schwarze Schafe", weil bei ihnen nicht schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist, dass sie Provisionen erhalten.
Selbst ausprobiert
Möchte ein Besucher der Homepage einen "echten" Honorarberater in seiner Nähe finden, kann er den Menüpunkt "Honorarberater Register" anklicken. In die Suchmaske sind verpflichtend viele persönliche Daten einzugeben – zusammen bilden sie einen Lead. FONDS professionell probiert es aus, gibt unterschiedliche Namen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Beratungswünsche und Städte ein – einmal Köln, einmal München, das niedersächsische Oldenburg und wenig später Hamburg. Auf drei Gesuche hin meldet sich die Deutsche Honorarberatung aus Düsseldorf. Eine vierte Anfrage bleibt unbeantwortet.
Christian Hagemann weist die Frage, ob der von ihm im Jahr 2016 mitgegründete Bundesverband Verbraucheranfragen "immer" an seine Firma weiterleite, weit von sich. "Die pauschale Behauptung ist falsch und wird von den schwarzen Schafen der Branche, die alle von mir zuvor verklagt wurden, anonym mit dem Ziel verbreitet, sich zu revanchieren und mich beim Bundesverband schlechtzumachen", hat er zuvor bereits schriftlich erklärt. Er wisse von anderen Honorarberatern, dass diese ebenfalls Anfragen vom Bundesverband erhalten.
Keine Förderung geschäftlicher Interessen
Auch der Verband weist Interessenverflechtungen mit der Deutschen Honorarberatung zurück. "Der Bundesverband ist unabhängig und fördert in keiner Weise die geschäftlichen Interessen einzelner Mitglieder", teilte Verbandsvorstand Gregor Bara bereits im August auf eine erste Anfrage von FONDS professionell mit.
Fakt ist, dass Hagemanns Firma als zertifiziertes Verbandsmitglied Leads vom Bundesverband bekommt. Warum besonders oft Beratungsinteressenten an ihn weitergeleitet werden, wisse er nicht, sagt Hagemann. Seine Firma bemühe sich immer, alle Empfehlungskriterien besonders gut zu erfüllen. Das dürfte doch aber auch bei anderen Verbandsmitgliedern der Fall sein. Wie viele zertifizierte Mitglieder hat der Bundesverband eigentlich? Und wer waren neben Hagemann die anderen Gründungsmitglieder?
Erstaunliche Ergebnisse
Diese Fragen lässt der Verband unbeantwortet. FONDS professionell hat sich Auszüge aus Vereinsregistern angeschaut, in die Papierakte des Bundesverbandes unabhängiger Honorarberater Einsicht genommen, die beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hinterlegt ist. Die Redaktion hat nach langer Suche ein weiteres Verbandsmitglied ausfindig gemacht, mit einem Experten für Vereinsrecht und mit Wettbewerbern von Hagemann gesprochen – mit erstaunlichen Ergebnissen. (am)
Die Ergebnisse der Recherche zur Deutschen Honorarberatung und dem Bundesverband unabhängiger Honorarberater gemeinnütziger e.V. finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 1/2023 von FONDS professionell ab Seite 328. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.
Kommentare
Deutsche Honorarberatung
AntwortenNach nunmehr 50 Jahren Tätigkeit als Vermittler von Finanzdienstleistungen muß ich festellen, daß das Hauen und Stechen unter den Beteiligten am großen Kuchen der Geldanlagen und Lebensversicherungen aller Art schon immer da war. Nur hat es sich vom persönlichen Kampf von Vermittler zu Vermittler verlagert zu größeren Gruppen, die sich gegenseitig die Butter vom Brot stehlen wollen. Die Namensgebung "Deutsche Honorarberatung" erinnert auffallend an das Abkupfern von der erfolgreichsten Vertriebsgruppe der Generali (ehem.. Aachener u. Münchener AG) - der DEUTSCHE VERMÖGENSBERATUNG AG", wobei die (zu Recht) Kritisierten wohl so dummdreist agieren, daß sie noch nicht mal komplett mit ihrem Namen agieren: auch Als Verein müssen sie das auch erkenntlich machen - durch Hinzufügen des Begriffs "Verein", hier wohl "e.V." Krumme Touren in unserer Branche sollte man nicht dulden. Pech für die Hagemänner, denn wie heißt es so schön? "Eines Tages kommt jeder Fuchs zum Kürschner" (Zitat: Dr. Reinfried Pohl, Gründer des BUNDESVERBAND DEUTSCHER VERMÖGENSBERATER e.V.) oder "Kopieren heißt noch lange nicht Kapieren" (der selbe Urheber).
jkb2009@gmx.de am 25.10.23 um 19:39Die ach so seriösen "Honoraberater"...
AntwortenIch kann mich noch gut an eine Abmahnwelle eines "Honorarberaters" erinnern... Scheinbar brauchen diese Herrschaften eine lukrative zusätzliche Einnahmequelle da sie von "Honoraren" nicht leben können...(?) Diese Kritik richtet sich nicht an die "Honorarberater" an sich, sondern gegen die schwarzen Schafe die es lt. Politik ja eigentlich nicht gibt, und gegen die aktuelle von den Pappnasen in Brüssel angestoßene Initiative eines EU-weiten Provisionsverbots.
s.jobst@finanzberatung-jobst.de am 11.04.23 um 12:18AW: Die ach so seriösen "Honoraberater"...
AntwortenSehr gut formuliert, Frau/Herr Jobst, Sie sehen es im Gegensatz zu weiten Teilen der Politik genau richtig. Die Art der Vergütung sagt nichts, aber auch gar nichts über die Qualität der Beratung aus und dieser Artikel hier zeigt das in einem weiteren Aspekt. Mir graust es davor, was Anfang Mai aus Brüssel kommen könnte in diesem unreflektierten Wahnsinn der Bevorzugung der so genannten Honorarberatung. Ein schönes Beispiel über die Qualität der Beratung eines Honorarberaterd zeigt die immer noch in der Mediathek verfügbare Sendung der ARD namens „Keine Zinsen- miese Rente“…
schutzwürdig am 11.04.23 um 13:34Dubios
AntwortenWegen solchen Leuten gerät die Branche leider immer wieder in Verruf. :-(
rr@finanzmanufaktur.com am 11.04.23 um 11:58