Rentenübersicht: Makler weiter nicht als unabhängige Berater genannt
Die digitale Rentenübersicht ersetzt keine Beratung. Bei Hinweisen zu unabhängigen Stellen fehlen weiterhin Versicherungsvermittler. Hinter den Kulissen geht es im zuständigen Expertengremium offenbar kontrovers zu.
Die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) verantwortet die digitale Rentenübersicht (DRÜ), die seit einem Jahr im Regelbetrieb ist. In einem ersten Evaluierungsbericht wurde registriert, dass die Nutzer auch weiterführende Hinweise zu unabhängigen Beratungsangeboten wünschen, da die ZfDR nicht persönlich berät.
"Die Daten des Online-Portals können aber für ein unabhängiges Beratungsgespräch genutzt werden", heißt es in der Online-Info-Broschüre der ZfDR "Die Digitale Rentenübersicht: Fragen und Antworten" (externer Link). "Auskünfte erteilen beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung, Sozialverbände wie der SoVD und der VdK sowie gewerbliche Rentenberaterinnen und -berater oder Verbraucherschutzorganisationen." Kein Hinweis auf unabhängige Versicherungsmakler oder professionelle sonstige Versicherungs- und Fondsvermittler. Das hatte im Dezember der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) kritisiert.
Makler keine unabhängige Beratungsalternative?
Doch die DRV-Bund wollte die Formulierung laut Imke Petersen, Leiterin der ZfDR, nicht ändern. Begründung: Ein Steuerungsgremium, das bei der ZfDR eingerichtet ist, habe sich bewusst für die Aufnahme der genannten neutralen und unabhängigen Angebote ausgesprochen, antwortete Petersen. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings keine weitere Aufnahme von Beratungsalternativen vorgesehen."
Das Gremium besteht aus sechs Mitgliedern mit je einem Vertreter von DRV-Bund, Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Stiftung Warentest, BMAS und BMF. Die Redaktion hakte beim GDV nach. "Wir haben nach intensiver und ausführlicher Diskussion mit allen Beteiligten im Steuerungsgremium einen Kompromiss gefunden, der im Online-Auftritt der DRÜ zu Recht auf private Anbieter eingeht", sagte Ilka Houben, Leiterin Alterssicherungspolitik beim GDV und Mitglied im Steuerungsgremium bei der ZfDR. Dazu gehörten selbstverständlich auch Versicherer und Versicherungsvermittler.
Vermittler längst nicht in allen Formaten der ZfDR aufgeführt
Tatsächlich ist auf den Internetseiten der ZfDR (externer Link) an einer Stelle der Hinweis ergänzt worden, wonach "Anbieter von Altersvorsorgeprodukten darüber hinaus über ihre Angebote informieren". Ganz offenbar hat die ZfDR aber diesen Kompromisstext noch nicht durchgängig in allen Formaten umgesetzt – weder in der genannten Broschüre noch prominent auf der Website. "Wir drängen darauf, dass das nachgeholt wird", so Houben gegenüber FONDS professionell ONLINE im Dezember. Man wolle, dass Versicherungsvertreter, -makler und -berater als neutrale, unabhängige Beratungsalternativen in allen Formaten der ZfDR genannt werden.
Die Umsetzung scheint zu haken. Davon kündet ein weiterer Briefwechsel des BVK mit Stephan Fasshauer, Mitglied des Direktoriums der DRV-Bund und auch Mitglied im Steuerungsgremium der ZfDR. Der BVK bat darin Mitte Dezember, die Position der DRV-Bund im Hinblick auf die Aufnahme von selbstständigen Versicherungsvermittlern in die Liste der Anbieter weiterführender unabhängiger Auskünfte zu überdenken.
DRV-Bund weiter zurückhaltend bei Versicherungsvermittlern
Fasshauers Antwort: Er wisse um das Engagement der selbstständigen Versicherungsvermittler. Die Nutzer wollten Empfehlungen für neutrale und unabhängige Beratungsangebote genannt bekommen. "Daran hat sich das Steuerungsgremium bei der Formulierung des Beratungsangebots orientiert", so Fasshauer wörtlich. Das liest sich weiter so, als würden zum Beispiel Versicherungsmakler entgegen der obersten Rechtsprechung nicht als unabhängig genug eingeschätzt.
Daher konfrontierte die Redaktion den GDV erneut mit der vermeintlichen Hinhaltetaktik der DRV-Bund. "Wir haben das Thema in der Sitzung des Steuerungsgremiums am 10. Januar angesprochen und vereinbart, dass wir den gemeinsamen Kompromiss sukzessive in allen Formaten umsetzen", erklärte Houben. Dies bedeute, dass in der DRÜ "generell auf die privaten Anbieter mit ihrer Beratungskompetenz verwiesen wird", so die GDV-Vertreterin im Steuerungsgremium.
Aufnahme von Vermittlern kann noch Monate dauern
Das klingt weiterhin unverbindlich. Daher wollte die Redaktion wissen, was genau im Steuerungsausschuss vereinbart wurde und ob es für die Umsetzung in den restlichen Formaten der DRÜ einen verbindlichen Zeitplan gibt. "Es wurde besprochen, dass der Kompromiss jetzt in allen Formaten der ZfDR umgesetzt wird, in denen es Hinweise auf Beratung gibt", antwortete Houben. Die Umsetzung liege im operativen Bereich der ZfDR, das Steuerungsgremium befasse sich mit den strategischen Fragen.
"Im Lauf des Jahres gehört auch ein Update der Kundeninformationen durch die ZfDR wieder auf unsere Agenda, von einem Zeitplan haben wir jetzt angesichts der drängenden Aufgaben an anderer Stelle abgesehen", betonte Houben. Die Umsetzung kann also dauern. Bis Redaktionsschluss fehlen Versicherungsvermittler weiter in der erwähnten Broschüre und zum Teil auch auf der Website bei der Aufzählung der unabhängigen Berater. (dpo)