Versicherungsberatung: Bafin findet Mängel bei Mystery-Shopping
Im Rahmen einer länderübergreifenden Mystery-Shopping-Aktion hat die Bafin die Beratung einiger Versicherer zu Lebensversicherungen geprüft. Dabei stieß sie auf eine Reihe an Mängeln. Die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA erwägt daher Änderungen beim Beratungsprozess.
Die Finanzaufsicht Bafin schaut schon seit einiger Zeit genauer auf Versicherungsanlageprodukte – und deren Nutzen für Verbraucher. Im Rahmen einer länderübergreifenden, von der EU-Versicherungsaufsicht EIOPA koordinierten Mystery-Shopping-Aktion bei sechs Versicherern hat die Bafin nun viel Schatten und nur wenig Licht im Vertrieb von Lebensversicherungen gefunden, wie die Behörde mitteilt. Allerdings schränkt sie selbst ein, dass die Stichprobe mit nur sechs Unternehmen vergleichsweise klein sei.
Was beanstandet sie? Die Aufsicht kritisiert zunächst die oft unzureichende Abfrage der Wünsche und Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden: Berater fragten wichtige Informationen vielfach nicht oder nur oberflächlich ab. Dazu zählen die bisherigen Erfahrungen mit Anlageprodukten, die finanzielle Situation, der Anlagezweck, die Anlagedauer, die Risikobereitschaft, der Liquiditätsbedarf und die individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen.
Diskrepanzen bei Protokollen
Ein weiteres Problem sind der Aufsicht zufolge die "Diskrepanzen zwischen der subjektiven Wahrnehmung" der Testkundinnen und -kunden und der Dokumentation in den Beratungsprotokollen. "So klafften die Angaben der Testpersonen und die Dokumentation in den Beratungsprotokollen oft auseinander. In einigen Fällen widersprachen sich die Angaben sogar, etwa zur Risikoneigung", moniert die Behörde.
Ferner haben die Berater nur in etwa der Hälfte der Fälle die Geeignetheitsprüfung dokumentiert. So konnte in einer Vielzahl von Fällen die Geeignetheit des Produkts im Hinblick auf die Kriterien der Renditeerwartung oder Risikoklasse nicht eindeutig festgestellt werden. Ein weiterer Kritikpunkt: die unübersichtlichen Dokumentationsunterlagen. So umfassten die Papierstapel oft über 200 Seiten, in Einzelfällen sogar über 400. Zudem seien sie häufig unübersichtlich, teilweise sogar irreführend gewesen.
Korrekte Angaben über Rendite
Positiv vermerkt die Bafin aber, dass die Kunden in den meisten Beratungsgesprächen korrekt über die zu erwartende Rendite und das Risikoniveau informiert wurden. Allerdings blieben die Renditeerwartungen nach Kosten oft unter der von den Testkundinnen und -kunden gewünschten Zielmarke von zwei Prozent, während die Kosten zwischen 0,71 und 3,29 Prozent pro Jahr lagen. Diese Kosten wurden in den Beratungen zudem nur in rund zwei Drittel der Gespräche thematisiert, so die Bafin.
"Insbesondere müssen wir genauer untersuchen, ob die zahlreichen im Laufe der Zeit im Vertriebsprozess eingeführten Anforderungen unbeabsichtigt zu weniger positiven Ergebnissen für die Verbraucher geführt haben", sagt EIOPA-Chefin Petra Hielkema zu den Ergebnissen auf europäischer Ebene und fährt fort: "Es ist nun wichtig, zu untersuchen, ob ein stärker ergebnisorientierter Vertriebsansatz zu besseren Ergebnissen für die Verbraucher führen könnte – insbesondere in Kombination mit einfachen, transparenten Produkten mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, wie wir es befürworten."
Wie gingen die Tester vor?
Die Bafin schickte Tester mit zwei Profilen zu 72 Beratungsgesprächen bei Ausschließlichkeitsorganisationen, Banken und festangestellten Außendienstmitarbeitern. Die beiden Profile stellten Personen im Alter von 30 bis 50 Jahren dar, die ein sicheres Investment mit einem Anlagehorizont von zehn bis 15 Jahren suchten. Beide hatten wenig Erfahrung mit Finanzprodukten. Einziger Unterschied: Profil 1 hatte einen niedrigen Liquiditätsbedarf und bevorzugte nachhaltige Anlagen. Profil 2 hatte dagegen einen hohen Liquiditätsbedarf und keine Präferenz für nachhaltige Anlagen. (jb)