Die Bedeutung von Branchenfonds hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das geht aus Zahlen für zwölf Sektorfonds-Kategorien hervor, die das Analysehaus Thomson Reuters Lipper für FONDS professionell ermittelt hat. Während sich das Volumen aller Aktienfonds in Europa in den Jahren 2003 bis 2016 auf 3,4 Billionen Euro verdreifachte, hat sich das der Branchenfonds demnach fast vervierfacht – auf immerhin gut 720 Milliarden Euro. Im ersten Jahr machten die Sektorportfolios nur 16,6 Prozent des Gesamtvolumens aus, Ende vergangenen Jahres waren es schon 21,4 Prozent.


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Dass jeder fünfte Aktienfonds-Euro in einem Branchenfonds steckt, ist auf den ersten Blick erstaunlich, schließlich gelten Sektorenfonds seit dem Desaster um Technologie- oder Internetfonds nach dem Platzen der New-Economy-Blase als kaum vermittelbar, zumindest im Geschäft mit Privatanlegern. Die Lipper-Zahlen zeigen jedoch, dass es völlig falsch wäre, diese Fondsgattung kleinzureden.

In Frankfurt gibt es 200 Branchen- und Themen-ETFs
Ein möglicher Grund für das steigende Volumen der Branchenfonds ist darin zu suchen, dass sich viele Verwalter großer Vermögen von der Einzeltitelselektion verabschiedet haben – und stattdessen die Sektorgewichtung in ihren Portfolios aktiv steuern. "Branchenfonds finden sich unter anderem in Portfolios institutioneller Investoren, die ihre Asset-Allokation auf Sektor- statt auf Länderebene vornehmen", so Daniel Burgmann, Leiter der Fondsanalyse bei der Ratingagentur Scope.

Besonders bequem geht das mit börsengehandelten Indexfonds. An der Frankfurter Börse waren Ende Januar genau 200 Branchen- und Themen-ETFs gelistet, verteilt auf 24 Sektoren. Einer Scope-Auswertung zufolge steckt schon fast jeder fünfte Branchenfonds-Euro in einem ETF.

Gute Performance zieht frisches Geld an
Für Zuflüsse in Sektorfonds sorgt ein anderes, in der Investmentwelt nur zu gut bekanntes Phänomen: Gute Performance zieht Mittel an. So verdienten Anleger mit Biotech-Fonds in den fünf Jahren bis Ende des ersten Quartals 2017 im Schnitt 21,5 Prozent – per annum wohlbemerkt. Nordamerikanische Technologiewerte warfen Scope zufolge im gleichen Zeitraum 18,1 Prozent pro Jahr ab, und der Healthcare-Sektor war für immerhin 17 Prozent jährliche Performance gut. Abgesehen von der Rohstoff- und Energiebranche steht in jeder Kategorie ein dickes Plus. Das weckt Begehrlichkeiten.

"Recht häufig begegnen mir Sektorfonds bei Family Offices oder Pensionskassen", ergänzt Dachfondsmanager Volker Schilling, Vorstand des Freiburger Vermögensverwalters Greiff Capital. "Viele vermögende Familien möchten bestimmte Branchen wie Banken bewusst aussparen. Darum lassen sie sich ein Portfolio mit anderen Sektoren zusammenstellen." Bei Pensionskassen sei häufig zu beobachten, dass die Manager in den großen Indizes, etwa dem Dax, selbst Einzeltitel auswählen und dieses Portfolio dann mit Fonds auf interessante Sektoren anreichern.

"Die Investoren werden wieder mutiger"
Schilling nennt einen weiteren Grund für den Auftrieb der Sektorfonds: "Die Investoren werden wieder mutiger und wagen sich an volatilere Fonds heran." Je spitzer ein Fonds aufgestellt sei, umso höher sei das zu erwartende Risiko. "Während der New Economy gab es Fonds, die sich rein auf asiatische Internetwerte spezialisiert hatten", erinnert sich Schilling. "Da hat der Fondsmanager kaum Möglichkeiten, sein Portfolio zu diversifizieren. Wenn dann die Konjunktur schwächelt und plötzlich die Hälfte der Investoren ihr Geld abzieht, rauscht der Kurs nach unten."

Auch wenn die Investmentwelt von derartigen Hypes noch weit entfernt ist: Zum Teil ist die wachsende Bedeutung der Branchenfonds wohl schlicht dem Umstand geschuldet, dass die Börsenrally schon seit acht Jahren läuft. (bm)


Die ausführliche Analyse lesen Sie in der aktuellen Heftausgabe 2/2017 von FONDS professionell. Darin wird unter anderem auch der Absatzerfolg der Themenfonds von Pictet Asset Management behandelt. Angemeldete FONDS professionell KLUB-Mitglieder können den Beitrag hier im E-Magazin abrufen.