Weiterbildungsexperte: "Die Kinder der Kunden an sich binden"
Professor Rolf Tilmes, wissenschaftlicher Leiter des PFI Private Finance Institute / EBS Finanzakademie der EBS Business School in Oestrich-Winkel, erklärt, wie sich Berater mittels Generationenmanagement eine neue Klientel erschließen können.
Generationenmanager lernen oft die ganze Familie eines Kunden kennen. Sie unterstützen ihn dabei, für die Angehörigen richtig vorzusorgen – und sichern sich dabei auch schon die Klientel von morgen. Professor Rolf Tilmes, wissenschaftlicher Leiter des PFI Private Finance Institute / EBS Finanzakademie der EBS Business School in Oestrich-Winkel, erklärt im Interview mit FONDS professionell ONLINE, warum Generationenmanagement an Bedeutung gewinnt und welche Vorteile es für Berater bringt.
Herr Tilmes, seit einiger Zeit macht das Thema Generationenmanagement zunehmend von sich reden. Welche Beratungsleistungen umfasst der Begriff?
Rolf Tilmes: Die Generationenberatung ist ein stark interdisziplinäres Feld, das je nach Fokus des einzelnen Beraters unterschiedliche Schwerpunkte haben kann. Die Grenzen zum Estate Planning sind fließend. Neben Fragen der gesetzlichen und gewillkürten Vermögensnachfolge geht es auch um Themen wie Bank- und Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung, Testamentsvollstreckung oder sogar Stiftungsberatung. Aufgrund der Sensibilität dieser Themen spielen auch Soft Skills in den Bereichen Kommunikation und Mediation eine große Rolle.
Was sind die Gründe dafür, dass sich die Generationenberatung seit einiger Zeit etabliert?
Tilmes: Eigentlich ist die Generationenberatung bereits etabliert. Früher wurde sie oft unter dem Begriff "Erben und Schenken" angeboten. In den vergangenen fünf Jahren erlebt die Generationenberatung eine Renaissance. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen wachsen demografisch bedingt die Zielgruppe 50 plus und die Erbengeneration stark. Die Relevanz der Generationenberatung wird erkannt, besonders, wenn im Freundes- und Bekanntenkreis schon einmal Erbstreitigkeiten aufgetreten sind. Auf der Angebotsseite werden unter anderem Beratungsansätze für die immer größer werdende Zielgruppe 50 plus gesucht. Die Generationenberatung bietet sich dafür optimal an, da sie nicht nur ein Spezialfeld für Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater, sondern auch für Finanzdienstleister ist.
Kann es dabei nicht leicht passieren, dass ein Berater eine Dienstleistung erbringt, die er gar nicht erbringen darf?
Tilmes: Hier gibt es klare rechtliche Grenzen. So ist es Nicht-Juristen zum Beispiel untersagt, Kunden beim Verfassen von Testamenten zu helfen. Der Generationenberater sollte sein Augenmerk immer auf die finanziellen Aspekte der Beratung legen und die sonstigen Akteure wie Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar im Interesse des Kunden orchestrieren. Aber es geht auch nicht hauptsächlich um Verträge oder die Optimierung der Erbschaftsteuer, sondern um die Absicherung des länger lebenden Partners, das Erreichen von Zielen, die Erfüllung von Wünschen und die "gerechte" Verteilung des vorhandenen Vermögens. Das sind alles Themen, bei denen Finanzdienstleister Mehrwert stiften können.
Welchen Mehrwert bietet die Generationenberatung für den Berater selbst?
Tilmes: Die Generationenberatung bietet zunächst transaktionsunabhängige Gesprächsanlässe. Es können dann aber honorarpflichtige Beratungsleistungen folgen oder Finanz- und Vorsorgeprodukte vermittelt werden. Für eine sinnvolle Generationenberatung ist es oft notwendig, alle Informationen über Vermögensgegenstände und Besitzverhältnisse aufzunehmen. Daraus sich können Anknüpfungspunkte für Cross-Selling ergeben. Gleichzeitig kann der Berater im Optimalfall eine Beziehung zur nächsten Generation aufbauen, also die Kinder der Kunden an sich binden.
Vielen Dank für das Gespräch. (am)
Einen ausführlichen Bericht zum Thema Generationenberatung lesen Sie in der Heftausgabe 4/2016 von FONDS professionell, die Ende November erscheint.