Initiator von Supermärkte-Fonds: "Der Standort ist das Asset"
Der Lebensmitteleinzelhandel blieb während der gesamten Corona-Pandemie geöffnet und konnte wegen des Lockdowns der Gastronomie sogar zulegen. Einzelhandelsimmobilien als Assetklasse profitierten davon, wie Portfoliomanager Oliver Weinrich von Habona im FONDS-professionell-Interview ausführt.
Weil Nahversorgungsimmobilien bisher gut durch die Coronakrise gekommen sind und der Lebensmitteleinzelhandel sogar von den Umständen, die sie mit sich brachte, profitierte, haben Handelsimmobilien für den täglichen Bedarf als Investmentklasse die Anlegeraufmerksamkeit auf sich gezogen.
Dabei sind die positiven Effekte, die die Schließung der Gastronomie während diverser Lockdowns bewirkten, nur ein Teil der langfristig prosperierenden Entwicklung. "Der Lebensmitteleinzelhandel wächst seit Jahrzehnten sehr stabil und kontinuierlich", sagt Oliver Weinrich. Treibende Kräfte seien beispielsweise gestiegene Kundenansprüche und die große Flexibilität der Branche, sich auf sie einzustellen.
Die Folgen der Inflation für den Markt
Die heftigen Preissteigerungen werden für Zurückhaltung der Kunden auch beim Lebensmitteleinkauf sorgen. Voraussichtlich wird der Umsatz bei Vollsortimentern wie Edeka oder Rewe sinken, dafür aber bei Discountern steigen.
Weil Habona aber sowohl Vollsortimenter als auch Discounter im Portfolio hat, wird der Umsatzrückgang abgefedert. "Wir werden zwar nicht mehr das exponentielle Wachstum der vergangenen zweieinhalb Jahren sehen, aber der langfristige Aufwärtstrend ist auf absehbare Zeit nicht gebrochen", sagt Weinrich. Die Strategie, nach Kundenkaufkraft zu diversifizieren, spiegelt sich auch auf Seiten der Mietparteien: Zum Marktführer Edeka gehört der Discounter Netto, zu Rewe gehört Penny, und zur Schwarz-Gruppe gehört neben Lidl auch Kaufland.
Die Zinsentwicklung macht Kalkulationen schwerer planbar
In den Jahren des Niedrigzinses stiegen die Preise auch für Immobilien des Lebensmitteleinzelhandels. Bestandsanlegern – nicht nur der Habona-Fonds – kam das insofern zugute, als die Verkaufspreise stiegen. Bei einem der zuletzt aufgelösten Fonds von Habona stieg der durchschnittliche Verkaufsfaktor auf das 25-Fache einer Jahresmiete. "Diese Entwicklung hielt bis Anfang dieses Jahres an und wandelte sich dann gravierend", sagt Weinrich. "Die Zinsentwicklung ist viel volatiler und damit viel weniger planbar geworden."
Nicht zuletzt sorgte die Verschlechterung der Finanzierungskonditionen dafür, dass ein bereits Bafin-gestatteter neuer Publikums-AIF von Habona einige Monate auf Eis gelegt werden musste. "Wir hätten Erwartungen geweckt, die wir dann nicht hätten erfüllen können."
Online-Frischedienste sind (noch) keine Konkurrenz
Dass zunehmend Lebensmittel auch online bestellt und nachhause geliefert werden, sieht Weinrich hingegen gelassen, denn eine ernsthafte Bedrohung geht davon einstweilen nicht aus. Dafür ist der Anteil online verkaufter Lebensmittel im Vergleich zum stationären Handel noch viel zu gering. Er wächst auch vergleichsweise langsam. Denn es ist vor allem eine Entwicklung in den Ballungszentren, wo die Onlineaffinität der Kunden größer ist und Lieferdienste bereitstehen, die die komplexe Herausforderung nicht unterbrochener Kühlketten meistern können. "Aber sobald sie die Großstadt verlassen, finden Sie kaum mehr einen Lieferdienst", sagt Weinrich.
Ein engmaschiges Netz mit rund 28.000 Standorten sorgt hingegen auch in ländlichen Gebieten dafür, dass fast niemand länger als 15 Minuten braucht, um zu einer Filiale zu gelangen. Die Analyse ihrer Standorte ist bei den Lebensmittelhändlern besonders ausgefeilt. Weinrich: "Die schauen sich genau an, welche Klientel mit welcher Kaufkraft an welchem Standort wohnt und welches Kaufverhalten sie aufweist. Der Standort ist das Asset, in das investiert wird!" (tw)
Das vollständige Interview mit Oliver Weinrich lesen Sie in der aktuellen Heftausgabe 3/2022 von FONDS professionell ab Seite 192. Angemeldete Nutzer können es auch hier im E-Magazin lesen.