Offene Immobilienfonds: Zuversicht trotz schmelzender Zuflüsse
Sie gelten als Fels in der Brandung, als Krisengewinner und nach wie vor als stabiles Basisinvestment. Die Verunsicherung durch Zeiten- und Zinswende lässt jedoch inzwischen auch die Manager offener Immobilienfonds in Habachtstellung gehen.
Offene Immobilienfonds haben sich in den vergangenen Jahren an hohe und zumeist noch steigende Verkaufszahlen gewöhnt. Auch während der Corona-Pandemie konnten sie beständig Nettomittelzuflüsse verbuchen. Allerdings ist das Neugeschäft seit geraumer Zeit rückläufig. In den Jahren 2020 und 2021 ist es jeweils gegenüber dem Vorjahr um 22 beziehungsweise 13 Prozent geringer gewesen, hat der Fondsverband BVI ermittelt. Unterjährig betrachtet waren im Laufe des Jahrs 2022 bei einzelnen Angeboten sogar die Abflüsse größer als die Zuflüsse.
Eine Gefahr durch flächendeckend abschmelzende Volumina sieht die Branche allerdings nicht. "Solange es keine hohen Mittelabflüsse gibt, können die Fonds ihre oft großen Portfolios aus eigener Kraft weiter betreiben und optimieren", beurteilt Sonja Knorr, Fondsanalystin bei der Ratingagentur Scope, die Lage. Spontane Mittelabflüsse sind ohnehin durch die zwölfmonatige Kündigungsfrist, die mit der Verabschiedung des KAGB vor zehn Jahren eingeführt wurde, nicht mehr möglich. Die Fonds können seither ihre Liquidität viel sicherer steuern.
Inflation und Zinssteigerungen wirken sich positiv aus
Die hohe Inflation der vergangenen Monate wirkt sich positiv auf die Einnahmesituation der meisten offenen Immobilienfonds aus. Im Schnitt sind zwei Drittel aller Mietverträge offener Immobilienfonds indexiert. Zehn Prozent Preissteigerung, die zwischenzeitlich erreicht wurden, lassen sich zwar nicht durchsetzen, aber die Fonds profitieren spürbar von den durch Indexklauseln möglich gewordenen Mietsteigerungen.
Auch was die Verzinsung der vorzuhaltenden Liquidität der Fonds betrifft, hat sich die Situation gebessert: Negativzinsen sind einstweilen vorbei. Allerdings steigt mit dem allgemeinen Zinsniveau auch die generelle Erwartung an die Rentabilität von Investments. Wer auf seinem Tagesgeldkonto bereits wieder zwei Prozent pro Jahr bekommt, wird sich gut überlegen, oder er für nur minimal mehr Performance das größere Risiko und die Nachteile der Kapitalbindung auf sich nehmen möchte. Obwohl sie bisher vergleichsweise ungeschoren durch die Krisen der jüngsten Zeit kamen, stehen den Fondsmanagern große Aufgaben bevor. (tw)
Über die Großwetterlage im Markt der offenen Immobilienfonds, die Selbsteinschätzung der Branche und die Beurteilung von Chancen und Risiken durch externe Experten lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 4/2022 von FONDS professionell ab Seite 212, angemeldete Nutzer finden den Artikel auch hier im E-Magazin.