Spektakuläres Urteil zu P&R: "Beträchtliche Zweifel an der Seriosität"
Berater und Vermittler hätten bei der Plausibilitätsprüfung der P&R-Containerprogramme die erhebliche Bedeutung nur eingeschränkt erteilter Testate in den Jahresberichten entdecken können und darüber aufklären müssen, so das Landgericht München.
Das Landgericht München hat die Münchner Bank zu Schadenersatz verurteilt, weil sie ihren Aufklärungspflichten bei der Vermittlung eines P&R-Containerinvestments nicht nachgekommen ist. Es ist nach Einschätzung der Rechtsanwältin Sarah Mahler von der Kanzlei WMP, die das Urteil erstritten hat, das erste Mal, dass ein Gericht die Tragweite ermisst, die eingeschränkt erteilte Bestätigungsvermerke in den Jahresabschlüssen der P&R-Gesellschaften für Vermittler und Berater haben.
Über die Tatsache, dass der mit der Prüfung der Jahresabschlüsse beauftragte Wirtschaftsprüfer seine Bestätigungsvermerke mit Einschränkungen versah, hätte aufgeklärt werden müssen, verkündete das Gericht am 18. Mai (Az. 28 O 12467/20). Der Wirtschaftsprüfer hatte an den Jahresabschlüssen mehrerer aufeinander folgender Jahre bemängelt, dass sie "keine Angaben zu nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften" gemacht haben und weder "der Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen" noch die "Gesamtbezüge der Geschäftsführer" angegeben wurden.
Das mag klingen, als wäre es zu vernachlässigen, wird vom LG München aber gegenteilig bewertet: "Das sind Punkte, die von erheblicher Bedeutung für die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sein können", heißt es in der Entscheidungsbegründung. Deswegen hätte der Berater darauf hinweisen müssen. Denn, so begründet das Gericht weiter, "dass die Gesellschaft es vorgezogen hat, diesbezüglich gesetzliche Pflichtangaben nicht zu machen und eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks zu akzeptieren, gibt Anlass zu beträchtlichen Zweifeln an ihrer Seriosität."
Prüfungsaufwand ist zumutbar
Das Urteil lässt auch keinen Zweifel daran, dass es dem Berater zuzumuten war, den Aufwand zu betreiben, diese Erkenntnis zu gewinnen. Denn P&R habe in dem Vertrag mit der klageführenden Anlegerin "die Mieten garantiert, sich zum Rückkauf der Container verpflichtet, eine 'allrisks'-Versicherung der Container garantiert und sich verpflichtet, im Fall des Totalverlustes eines Containers dem Investor einen gleichwertigen Container gleichen Typs und Baujahres zu übertragen". So bestand praktisch das einzige sich direkt ergebende Risiko für die Anlegerin in der Zuverlässigkeit und Solvenz der P&R-Gesellschaft. "Der einfachste und unmittelbarste Weg, um sich ein Bild über die Lage und Entwicklung einer Gesellschaft zu machen, ist, die veröffentlichten Jahresabschlüsse und Prüfvermerke im Internet einzusehen.“
Auch der Ausflucht, es habe sich ja um Vermittlung und nicht um Beratung gehandelt, lassen die Münchner Richter keine Chance. "Der Vertrag verpflichtete die Beklagte jedenfalls dazu, die Plausibilität der Anlage zu untersuchen und der Klägerin ihre diesbezüglichen Erkenntnisse mitzuteilen", heißt es in ihrer Begründung, "ob der Vertrag auf eine Anlageberatung gerichtet war oder lediglich eine Anlagevermittlung zum Gegenstand hatte, kann auf sich beruhen."
Pflichtverletzung in nahezu allen Fällen
"Das Urteil des LG München ist im Prinzip auf alle P&R-Geschädigten übertragbar, die über eine Bank oder einen freien Anlageberater oder -vermittler Container gekauft haben", sagt Rechtsanwältin Mahler. Ihr seien keine Fälle bekannt, in denen P&R-Kunden über die eingeschränkten Bestätigungsvermerke aufgeklärt wurden. "Somit dürfte die Pflichtverletzung in den allermeisten Fällen bereits feststehen." Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. (tw)