Amazon, größter Online-Marktplatz der Welt, startet in Kürze einen Versicherungs-Shop in Großbritannien. Bis zum Jahresende sollen Hausrat- und Wohngebäudepolicen der Versicherer Ageas UK, Co-op und Allianz erhältlich sein, heißt es. Im kommenden Jahr könnten weitere Versicherer folgen. Bei Abschluss durch Amazon-Kunden erhält Amazon Provisionen von den Versicherern.

Kaum war die Nachricht verbreitet, folgte der nächste Paukenschlag: Amazon hat sich in Luxemburg als Versicherungsmakler registrieren lassen, berichtete am Freitag als erstes das Fachmagazin "Versicherungsbote". Das Luxemburger Vermittlerregister (Commissariat aux Assurances) führt Amazon EU S.à.r.l. (externer Link) unter "Sociétés de Courtage", also als Maklerunternehmen. Abgesehen davon bleiben manche Ungereimtheiten.

Zulassung auch in Deutschland
Wie aus der Zulassung immerhin definitiv hervorgeht, gilt die Dienstleistungsfreiheit nicht nur für Luxemburg, sondern auch für Deutschland, Österreich, Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen und Portugal. Die Zulassung betrifft sämtliche Nicht-Leben-Produkte.

Lange war spekuliert worden, ob und wie sich der Internet-Gigant auf dem deutschen Versicherungsmarkt engagieren würde. In Interviews von FONDS professionell mit Versicherungsvorständen kam dies auch immer mal wieder zur Sprache. Zuletzt hatte Rainer Jacobus, Vorstandschef der Ideal, 2021 auf die Frage, ob Amazon Maklern das Wasser abgräbt, geantwortet: "Nein, Makler sind viel näher an ihren Kunden – vor Ort, oft über Generationen, mit persönlichem Einsatz und häufig auch am Wochenende."

Produkthaftpflicht-Angebot in USA
Für Amazon ist der Versicherungsmarkt aber keineswegs Neuland. Unter anderem bietet der Handelsriese im Heimatmarkt USA seinen "Amazon-Flex"-Fahrern kostenfreien Kfz-Versicherungsschutz während der Lieferfahrten an und verpflichtet inzwischen seine Händler zum Abschluss einer Produkthaftpflichtversicherung.

Die Bedingungen werden durch Amazon selbst festgelegt. Das Unternehmen greift darüber hinaus in den Schadenregulierungsprozess der Versicherer ein, wenn diese nicht binnen einer gewissen Frist die Schäden regulieren.

Garantie-Verlängerung per Versicherung längst in Deutschland
Bereits im April 2016 hatte der Online-Riese die Dienstleistung "Amazon Protect" in Großbritannien an den Start gebracht. Damit lässt sich die Garantie für Elektrogeräte und andere Produkte, die über Amazon bestellt werden, auf bis zu fünf Jahre verlängern. Später folgten unter anderem Deutschland, Italien und Spanien. Hierzulande ist "Amazon Protect" seit Mai 2016 abschließbar – Produktgeber ist unter anderem die britische Warranty Group. Auch mit der Ergo und deren Konzernmutter Munich Re kooperiert Amazon.

Der Schritt zu einem Angebot an eigenständigen Versicherungen in Deutschland scheint damit näher gerückt – egal ob als Risikoträger oder via "White-Label"-Modell. Vermittler ist man ja nun schon. Ob die Luxemburger Zulassung automatisch auf die in Deutschland übliche Zulassung nach Paragraf 34d Gewerbeordnung durchschlägt, lässt sich aktuell nicht prüfen: Nach einer Cyberattacke am 10. August ist das DIHK-Vermittlerregister noch immer lahmgelegt.

Zulassung als Kreditvermittler
Es bleiben Ungereimtheiten: Laut deutscher Amazon-Homepage (externer Link) ist Amazon EU S.à r.l. Kreditvermittler gemäß Paragraf 34c Gewerbeordnung (GewO), zugelassen bei der IHK für München und Oberbayern in München. "Automatisch schlägt die Luxemburger Zulassung ohnehin nicht auf die in Deutschland übliche Zulassung nach Paragraf 34d GewO durch", sagt Mona Moraht, Referatsleiterin Gewerberecht beim DIHK, auf Nachfrage von FONDS professionell ONLINE.

Im Bereich der Versicherungsvermittlung sei es so, dass die Luxemburger Aufsichtsbehörde dem DIHK – und in anderen Ländern der dort zuständigen Behörde – eine sogenannte Notifizierung zusendet. "Der Erhalt wird von uns bestätigt, erst dann darf der Vermittler in Deutschland tätig werden", so Moraht. Eine solche Notifizierung habe die Behörde noch nicht erreicht.

Amazon gibt sich zugeknöpft
Zuständig bleibe ohnehin die Aufsichtsbehörde in Luxemburg. "Ein öffentliches Register für Versicherungsvermittler aus dem EU/EWR-Ausland gibt es in Deutschland leider nicht", stellt Moraht klar. Es reiche der Eintrag im Register des Heimatstaates und dort der Hinweis auf beispielsweise Deutschland.

Amazon selbst gibt sich auf Nachfrage der Redaktion zugeknöpft. Auf die Frage, ob man nun tatsächlich in Deutschland als Versicherungsmakler durchstarte oder nicht, antwortete eine Sprecherin: "Im Moment konzentrieren wir uns auf die Einführung des Amazon-Insurance-Store in Großbritannien. Mehr gibt es im Moment nicht über zukünftige Pläne zu berichten." Damit geht das Rätselraten zunächst weiter, ob und wann der Internet-Gigant in Konkurrenz zu angestammten Versicherungsmaklern tritt. (dpo)