Analyst Zielke: Das sind die neuen Probleme der Lebensversicherer
Die steigenden Zinsen sind für Lebensversicherer und ihre Kunden auf den ersten Blick ein Geschenk. Auf den zweiten Blick bergen sie aber auch Probleme, wie Versicherungsanalyst Carsten Zielke erläutert.
Die Entwicklung der Zinsen in den vergangenen Monaten ist für Lebensversicherer gut. Die steigenden Zinsen entheben sie der Probleme bei der Solvenzquote, auch wichtige andere Kennzahlen wie die erwarteten Gewinne aus zukünftigen Prämien oder der Diversifikationsgrad verbessern sich. Zudem versprechen die steigenden Zinsen höhere Renditen für die Kunden. Allerdings haben die Gesellschaften nun andere Probleme, wie Analyst Carsten Zielke von Zielke Research Consult anmahnt. Etwa die negative Realverzinsung vor dem Hintergrund der hohen Inflation, wie aus einer Pressemitteilung des Beratungshauses hervorgeht.
"Wer 1.000 Euro bei vier Prozent Zinsen und zehn Prozent Inflation einzahlt, hat am Jahresschluss effektiv 945 Euro Kaufkraft. Auf einmal ist es für die Lebensversicherer schwierig, gegenüber dem Kunden Argumente für die Fortsetzung bestehender oder den Abschluss neuer Vorsorgepolicen zu finden", erklärt Zielke. Hinzu komme, dass die Versicherungen einen Großteil ihrer Einlagen in festverzinslichen, langlaufenden Papieren angelegt haben, sodass sie ihren Kunden keine den Banken vergleichbare Renditen anbieten können. Ferner weist Zielke verschiedenen Medienberichten zufolge darauf hin, dass viele Kunden wegen der hohen Energie- und damit Lebenshaltungskosten Verträge stornieren werden. Das könnte durchaus zu Liquiditätsengpässen führen.
Tipp des Analysten: Spielt die ESG-Karte!
Der Analyst hat aber auch Vorschläge, wie die Gesellschaften gegensteuern können. "Um ihre Kunden halten zu können, sollten die Versicherer zum einen herausstellen, dass das Geld bei ihnen sicher und gegebenenfalls nach ESG-Kriterien angelegt ist. Diese gute Gefühl kann dabei helfen, die aktuell negative Realverzinsung in Kauf zu nehmen, die sich eventuell auch bald wieder korrigiert", so Zielke. Auch sollten die Assekuranzen ihr Investmentportfolio stärker in Richtung Sachwerte wie Immobilien führen. So können sie gegenüber den Kunden betonen, dass sie etwas für den Inflationsausgleich tun und die Negativverzinsung in Grenzen halten. (jb)