Die deutsche Wirtschaft hat es durch Corona, Krieg in der Ukraine, Unterbrechung von Lieferketten, Klimawandel, Cyberangriffe, Energiekrise, Inflation und nicht zuletzt auch den Fachkräftemangel hart erwischt, sagte Thomas Haukje, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), kürzlich auf der traditionellen Jahrespressekonferenz des Verbandes.

BDVM-Makler bieten insbesondere für Kunden aus Industrie und Gewerbe Risikomanagement und Versicherungsschutz, auch zur betrieblichen Altersversorgung (bAV). Anders als in anderen Sparten verlieren Versicherer das Kundeninteresse in Sachen bAV nicht aus dem Blick, sagt Marcus Wetzel, Geschäftsführer der Martens & Prahl Pensionsmanagement GmbH, im Ehrenamt Leiter des Arbeitskreises bAV-Großmakler des BDVM.

Auswirkungen der Inflation vor allem bei Entgeltumwandlung
Zum Pressegespräch leider verhindert, setzt er sich nun nachträglich mit dem Problem auseinander, vor dem viele Makler aktuell in Kundengesprächen stehen. "Wenn Kunden Schwierigkeiten haben ihre Gasrechnung zu bezahlen, wer soll denn dann noch etwas für die Altersvorsorge tun?", fragt Wetzel provokant. Die Auswirkungen der Inflation trübten zwar die Aussichten der Lebensversicherer, aber das "zeigt sich in der bAV noch nicht so stark, da es nur bedingt Auswirkungen auf die vom Arbeitgeber finanzierten Verträge hat", so Wetzel.

Anders bei der Entgeltumwandlung. Hier seien gute Argumente der Berater nötig, um Arbeitnehmer bei der Stange zu halten. Beispiele für das Kundengespräch: Der Bedarf für zusätzliche Altersvorsorge sinkt nicht, ganz im Gegenteil. Nichts zu tun, sei also keine Option. "Ein zusätzlich gewährter Arbeitgeberzuschuss, wie ihn das Gesetz für die meisten Unternehmen vorschreibt, wirkt bereits inflationsausgleichend gegenüber einer privaten Kapitalanlage ohne Zuschuss", argumentiert Wetzel. Die staatliche Förderung durch Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse in der Sparphase wirke zusätzlich.  

Daher braucht es bAV-Spezialisten als Berater für die Arbeitgeber, um Hemmnisse zu nehmen. Dazu sind moderne Tarife in der Lage, und zwar mit weniger Garantie, wie in der beitragsorientierten Leistungszusage (BoLZ), oder ganz ohne Garantien (reine Beitragszusage) im sogenannten Sozialpartnermodell. Damit lassen sich deutlich höhere Betriebsrenten darstellen.

Argumente für Arbeitgeber pro Entgeltumwandlung
Ein weiteres Argument richtet sich an die Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter trotz Inflation zum Festhalten an der Entgeltumwandlung über die favorisierte Versorgungseinrichtung motivieren sollten: Wenn Entgeltumwandlungsbeiträge sinken, weil Beschäftigte durch Geldsorgen ihre Versorgung kürzen oder einstellen, kann dies drastische Folgen für die Versorgungseinrichtung und deren Leistungsfähigkeit haben, was sich nachteilig für alle Mitarbeiter auswirken könnte.

Ein Appell richtet sich an die Mitarbeiter mit bestehenden Verträgen, die in der Vergangenheit mit deutlich höherem Rechnungszins abgeschlossen wurden als heute möglich. Auch hier wirkt der seit 2022 gesetzlich vorgeschriebene Arbeitgeberzuschuss bereits inflationsausgleichend gegenüber einer privaten Kapitalanlage ohne Zuschuss. Die staatliche Förderung durch Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse in der Sparphase komme positiv dazu.

Moderne Anlagekonzepte mit "Inflationsschutz"
Eigentlich haben die Lebensversicherer mit ihren aktuellen Produkten alles richtig gemacht, denn Anlageklassen mit "Inflationsschutz" helfen an den Kapitalmärkten gegenüber den Rentenpapieren mit fester Verzinsung, meint der Makler. Die modernen Vorsorgekonzepte, die eine renditeorientierte Kapitalanlage mit einem stabilisierenden Sicherungsvermögen kombinieren, seien in den Vordergrund gerückt und haben die klassische Lebensversicherung verdrängt.

Die Krux sei, in der Beratung die unterschiedlichen Interessenlagen in Einklang zu bringen. Viele Arbeitnehmer wollten Angebote, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Garantie und Renditechancen bieten. "Jedoch hemmt die starke Preisentwicklung und die damit verbundene Unsicherheit die Bereitschaft, an mischfinanzierten Systemen (Matching-Modelle) teilzunehmen", beobachtet Wetzel.

Warum es grundsätzlich bei Entgeltumwandlung hakt
Bereits im Vorjahr hatte der BDVM darauf hingewiesen, dass die Verbreitung der Entgeltumwandlung hakt. Als Ursachen nannte man unter anderem überforderte Arbeitgeber in KMU, denen das zu kompliziert ist, ein zu enges regulatorisches Korsett für das Produktangebot sowohl in der Spar- als auch in der Rentenphase samt unhaltbarer harter Mindestgarantien, Vertrauensverlust durch das Modernisierungsgesetz der gesetzlichen Krankenversicherung 2004 (Eingriff in Bestandsverträge der Direktversicherung) sowie nicht wirklich gut geregelte Portabilität der bAV-Verträge bei Wechsel des Arbeitgebers.

Aber hier liegt auch eine Chance der jetzigen Zeit, dass Arbeitgeber moderne und passgenaue betriebliche Versorgungssysteme schaffen, die neben der wichtigen Altersversorgung auch Absicherungen gegen die Berufsunfähigkeit sowie eine Gesundheitsvorsorge im Rahmen der bKV ermöglichen. "Die betriebliche Vorsorge kann viel mehr als nur 'Rente', man muss es nur zu nutzen wissen", so Wetzel.

Politik muss schneller handeln
Aktuell gebe es keine konsistente politische Idee für die zusätzliche Altersvorsorge, sagte BDVM-Geschäftsführer Hans-Georg Jenssen kürzlich auf Nachfrage von FONDS professionell ONLINE. Eine 50-Prozent-Garantie über die BoLZ wäre ein guter Ansatz, die Versicherungswirtschaft wieder stärker ins Boot zu holen – alternativ zur wirtschaftlich nicht mehr darstellbaren Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML).

"Es wächst zwar die Erkenntnis, dass es ohne Beratung schwierig wird, allein der Wille, bald etwas praktisch zu ändern, ist nicht erkennbar", so Jenssen weiter. Es bräuchte auch künftig den Beratungsansatz samt angemessener Vergütung, wobei der BDVM perspektivisch für laufende Vergütung eintritt. (dpo)