BDVM: Mit neuen Vergütungsmodellen den Provisionsdeckel vermeiden
Der Maklerverband BDVM sieht den Berufsstand durch die anhaltende Regulierung bedroht. Zugleich sei eine kritische Analyse der bisherigen Provisionsberatung nötig. Der Verband schlägt als Kompromiss ein neues Vergütungsmodell für Lebenspolicen vor.
Die bisherige Provisionsberatung bedarf einer kritischen Analyse. "Die Abschlussprovision ist keine überholte Vergütungsform, sie gehört jedoch modernisiert", stellt der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) klar. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand, präzisierte auf dem virtuellen "BDVM-Symposium 2021" am Donnerstag (23. September) verschiedene Ideen, um die Vergütung für den Versicherungsvertrieb zukunftsfest zu machen.
Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der BDVM-Vorgänger VDVM bereits 2013 für Mitglieder ein alternatives Vergütungsmodell entwickelt hatte. Dieses sah eine deutlich reduzierte Abschlussvergütung und eine höhere laufende Betreuungsvergütung vor. So sollte eine zeitliche Kongruenz zwischen Beratungsaufwand und Vergütungszufluss sichergestellt werden. Der VDVM dachte an eine auf zwei Prozent halbierte Abschlusscourtage und eine auf zwei Prozent des laufenden Beitrags verdoppelte Bestandsvergütung ab dem zweiten Jahr. Die Stornohaftzeit sollte sich insgesamt auf zehn Jahre verdoppeln. Für den Kunden hätten sich so deutlich bessere Rückkaufswerte ergeben.
Finanzaufsicht Bafin stoppte ersten Anlauf
Der Verband bereitete einen entsprechenden Tarif mit der Stuttgarter Lebensversicherung vor, um einen generellen Provisionsdeckel überflüssig zu machen. Die Stuttgarter hatte dann zum 1. Januar 2015 im Neugeschäft alle privaten Lebens- und Rentenversicherungstarife auf eine veränderte Kalkulation umgestellt. Die Abschlussvergütung für Policen gegen laufenden Beitrag sank häufig von 40 auf 28 Promille. Neu war eine laufende Abschlusscourtagecourtage von zwei Prozent des Bruttobeitrages über die gesamte Beitragszahldauer. Zudem zahlte der Versicherer nun zwei Prozent Bestandsbetreuungscourtage, zuvor waren es häufig null Prozent gewesen.
"Ein Teil dieses Modells war in der Folge von der Bafin nicht akzeptiert worden und insgesamt wurde es vom Markt auch nicht angenommen", sagt Jenssen heute. "Vielleicht war die Zeit noch nicht reif, aber vielleicht ist jetzt die richtige Zeit", erklärte er auf dem Symposium. Ihn treibt die Sorge um, dass die Politik dem Finanzvertrieb weiter misstraut und dessen Kosten für zu hoch hält. "Die Abschlusskosten dürften auch nach der Wahl unter Beschuss bleiben, ein neuer Anlauf für einen Provisionsdeckel ist denkbar", mutmaßt Jenssen.
Warum die Deutschlandrente gefährlich ist
Als "Worst-Case" nannte der BDVM-Chef die Deutschlandrente. Käme das Modell, bräuchte es keinen Deckel und keine Lebensversicherer für die Altersvorsorge mehr. "Dann sind auch die Vermittler aus dem Rennen", sagte Jenssen. Dass die freien Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler künftig keine Ruhe vor der Politik haben würden, hatte der BDVM-Chef bereits im Herbst 2019 prophezeit.
Nach der Bundestagswahl wird für den Verband und die gesamte Versicherungswirtschaft die große Frage sein, welchen Stellenwert die private Altersversorgung durch Versicherungen künftig noch haben wird. Die Diskussionen um Riester, Deutschlandrente, Extra-Rente, Staatsfonds nach skandinavischem Muster und Obligatorien zeigten die Herausforderungen auch für die Versicherungsvermittler. Insofern könne die Bundestagswahl auch eine Richtungswahl für die Altersvorsorge sein.
Nur individuelle Beratung dient Verbraucherschutz
Für die Vergütungsdebatte in der Lebensversicherung gelte: "Bleibt alles anders", erklärte Dietmar Bläsing, Vorstandschef des Volkswohl Bunds, in Anlehnung an einen Song von Herbert Grönemeyer. Die Risiken bei der privaten Vorsorge wie Langlebigkeit, Arbeitskraftverlust, Pflegefall und Tod hätten sich nicht geändert. "Aber die weitere Beschneidung der Vergütung gefährdet eine umfassende Beratung für jedermann in der Zukunft“, sagte Bläsing in seinem Vortrag.
Den Trend, als Kunde über Portale alles selber zu machen, statt auf werthaltige Beratung zu setzen, findet er bei der Absicherung existenzieller Risiken extrem gefährlich. "Eine zweite Chance gibt es beim Abschluss lebenswichtiger Altersvorsorgeverträge nicht, das Zusatzpolster muss individuell passen und am Ende auch reichen", so Bläsing. Hinzu käme die Unlust der meisten Kunden, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen. "Fürs neue Smartphone wird doch häufig länger recherchiert als für die Altersvorsorge", sagte er.
Staatsfonds contra individuell passende Vorsorge
Altersvorsorge ohne Beratung und obligatorisch mit standardisierten Staatsfonds-Lösungen zu gestalten, dürfte sich als Irrweg herausstellen, kritisierte Bläsing die Vorstellungen mancher Parteien vor der Wahl. "Damit wird ausgeblendet, was für den einzelnen Kunden das Passende ist." Stattdessen müsse mit vielfältigen Produkten und individueller Beratung, die sich jeder leisten kann, unabhängige Beratung erfolgen.
Auf der Produktseite setzt der Volkswohl Bund tendenziell immer stärker auf Indexpolicen sowie auf Fondspolicen, die keine statischen Garantien mehr abbilden, sondern Garantien mit Chancen verbinden. Dazu würden auch Drei-Topf-Hybride weiterentwickelt. Zurzeit arbeite man auch an einem neuen Zwei-Topf-Hybrid, das trotz einer hohen Beitragsgarantie von 80 Prozent eine anfängliche Fondsquote von bis zu 100 Prozent erreichen soll.
Erweiterter Horizont
Hinzu kämen neue Assetklassen, um die Anlagerendite weiter deutlich über dem risikolosen Zins halten zu können. Als Beispiel für erneuerbare Energien nannte Bläsing die Investition in schwimmende Photovoltaikanlagen in den Niederlanden mit einem Investitionsvolumen von 10,6 Millionen Euro, die etwa sechs Prozent Rendite bringen. Mit dieser Erweiterung des Horizonts bei der Kapitalanlage und gleichzeitiger Abkehr von sicheren Anleihen trügen die Lebensversicherer unverzichtbar zu nachhaltiger Altersvorsorge bei. (dpo)