Betriebsrente: Arbeitgeber unter Handlungsdruck
Nur wenige Arbeitgeber haben ihre Pensionspläne in den letzten Jahren angepasst. Die administrative Handhabbarkeit wird als größte Herausforderung betrachtet, so eine Umfrage unter Arbeitgebern. Wie Makler mit diesen Erkenntnissen ihre Beratung nachschärfen können.
Der Nutzen der Betriebsrente für Unternehmen und Mitarbeiter ist unbestritten. Unternehmen schätzen vor allem das positive Arbeitgeber-Image, sagen 91 Prozent der Befragten in der Studie "Future of Pensions". Dazu hatte die Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson (WTW) im August 2024 rund 50 vorwiegend größere Unternehmen von 250 bis über 100.000 Mitarbeitern aus allen Branchen befragt. Zudem schätzen Arbeitgeber die positive Wirkung der bAV für die Mitarbeiterbindung (88 Prozent) und die Mitarbeitergewinnung (74 Prozent), wobei Mehrfachnennungen erlaubt waren.
Aus Sicht der Arbeitnehmer stehen der werthaltige Bestandteil des Vergütungspakets (93 Prozent), die Motivation, in der betreffenden Firma zu arbeiten (68 Prozent), und die Entlastung bei der Suche des richtigen Vorsorgekonzepts (61 Prozent) im Fokus – siehe Grafik unten. Um diese Effekte auch künftig zu erzielen, müsse die "bAV jedoch kontinuierlich modernisiert werden", sagte WTW-Experte Johannes Heiniz kürzlich auf der WTW-Konferenz "bAV im Fokus – renditestark, flexibel und transparent".
Quelle: WTW
Kaum modernisierte Pensionspläne
Mit der Modernisierung hapert es aber: Knapp die Hälfte der befragten Arbeitgeber (47 Prozent) hat vor mehr als zehn Jahren den letzten neuen Pensionsplan eingeführt, 16 Prozent in den vergangenen fünf bis zehn Jahren und nur rund ein Viertel in den letzten drei Jahren. "Die bAV sollte kontinuierlich auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden, um echten Mehrwert zu bieten", so Heiniz. Die modernsten Pensionspläne sind laut WTW-Studie zu 35 Prozent von den Arbeitgebern finanziert und zu 63 Prozent als Mischform: Betreibt der Arbeitnehmer Entgeltumwandlung, gibt die Firma mindestens 15 Prozent Beitrag dazu (Matching-Modell).
Sowohl die Entwicklungen am Kapitalmarkt als auch die soziodemografische Entwicklung stellen die bAV laut Umfrage vor aktuelle Herausforderungen. Vor allem die anhaltende Inflation werde von den Firmen als finanzielle Belastung wahrgenommen. Fast zwei Drittel gaben an, dass sich der deutliche Anstieg der Rentenerhöhungen negativ auf die Bilanzen auswirkt. Mehr noch beschäftigen die Verantwortlichen jedoch die administrativen Herausforderungen: Sowohl im Zuge der aktuell hohen Pensionierungswelle (58 Prozent) als auch generell mit Blick auf die Zukunft (75 Prozent) wird die administrative Handhabbarkeit als größte Herausforderung gesehen.
Experten eher für Obligatorium als für Sozialpartnermodell
In einer gesonderten Umfrage unter den Teilnehmern der Konferenz, die seit fast 20 Jahren jährlich von WTW ausgerichtet wird, sehen fast 40 Prozent den größten Hebel für die Erhöhung des Verbreitungsgrads der Betriebsrente in einem Obligatorium. Knapp 35 Prozent halten eine Verbesserung der klassischen bAV für den Königsweg, und nur 15 Prozent stimmten für eine weitere Stärkung des Sozialpartnermodells (SPM).
Das deckt sich nicht unbedingt mit den Intentionen des "Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes", das kürzlich als Entwurf beschlossen worden war. Darin geht es vor allem um Neuerungen, die bereits in FONDS professionell ONLINE benannt wurden, insbesondere die Chance zum Andocken an bestehende SPM, den Ausbau und die Dynamisierung der Geringverdienerförderung sowie um flexiblere Auszahlungsmodelle.
Festhalten an voller Garantie kostet Rendite
Mit mehr Flexibilität bei Garantien auch außerhalb von SPM könnten die Unternehmen höhere Renditen für die Versicherten erzielen, kritisiert beispielsweise der Versichererverband GDV. In der Tat bleibt es laut Gesetzentwurf bei 100 Prozent Garantie für Beitragszusagen mit Mindestleistung (BZML). "Von den über 30 zum Teil sehr fundierten Stellungnahmen der Verbände zum Referentenentwurf wurde herzlich wenig berücksichtigt", kritisiert auch Henriette Meissner.
Gerade das Opting-out per Betriebsvereinbarung werde deutlich erschwert (Paragraf 20 Absatz 3 BetrAVG-E). "Nachdem dies im Referentenentwurf noch ohne tarifliche Grundlage gehen sollte, soll dies laut Gesetzentwurf plötzlich nur möglich sein, wenn Entgeltansprüche nicht in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelt sind", so die Generalbevollmächtigte für die bAV der Stuttgarter Lebensversicherung. Das schränke das Opting-out per Betriebsvereinbarung auf "tarifvertraglich jungfräuliche" Branchen ein, sagt Meissner.
Makler bei klassischer bAV nah am Kunden
Makler könnten vor allem weiter mit klassischer bAV bei ihren Firmenkunden punkten. Durch die kommende Erhöhung des Rechnungszinses auf 1,0 Prozent (bisher: 0,25 Prozent) erscheinen klassische Versicherungslösungen im Neugeschäft wieder etwas renditestärker, zumal der Effekt bei Entgeltumwandlung durch Pflichtzuschüsse der Arbeitgeber gehebelt wird. Laut WTW-Studie vertrauen Arbeitgeber bei der Beratung und Kommunikation zu 63 Prozent auf persönliche Mitarbeitergespräche, die zumeist von externen Beratern geführt oder begleitet werden, zu 89 Prozent auf das Intranet und zu 61 Prozent auf E-Mails.
"Auf die Vermittlerschaft dürfte ein erhöhter Beratungsaufwand zukommen", schätzt Marco Seuffert, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Er regt im BRSG-Gesetzgebungsverfahren an, auch Betriebsrenten im Alter komplett zum Schonvermögen zu zählen und künftig nicht mehr anteilig auf etwaige Sozialleistungen anzurechnen. "Leider wurde dieser aus Sicht des BVK zielführende Vorschlag bisher noch nicht aufgegriffen", so Seuffert. (dpo)