BU-Rating: Warum es jetzt weniger Bestnoten gibt
Der anhaltende BU-Wettbewerb hat Auswirkungen auf Stabilität und Leistungspraxis. Ein Analysehaus hat deswegen die Ratingkriterien verschärft. Nur noch jeder dritte BU-Tarif kann voll überzeugen. Makler sollten zudem bei mancher AVB-Verbesserung und dem Beitrags-Spread kritisch bleiben.
Das vergangene Jahr war von kontroversen Entwicklungen in der Berufsunfähigkeits-Versicherung (BU) geprägt, berichtet das Analysehaus Franke und Bornberg (FuB). Insbesondere die Einführung des Verzichts auf die konkrete Verweisung im BU-Fall durch die Versicherer HDI, Deutsche Anwalt- und Notarversicherung sowie die Bayerische lösten schon im Januar Kritik bei den Analysten aus. Nun hat FuB sein BU-Produktrating aktualisiert sowie im Map-Report das neue Stabilitätsrating der Berufsunfähigkeitsversicherer vorgelegt, das einen detaillierten Einblick in finanzielle Stabilität und Risikopolitik der Anbieter gewährt.
Im BU-Produktrating geht das Analysehaus neue Wege. "Verbesserungen sind im Leistungskern kaum noch möglich, daher schauen wir genau hin, wo Überschüsse unter Druck kommen und wo bei der Leistungsregulierung auf die Bremse getreten wird", begründet Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg, den Relaunch der Ratingkriterien.
Was sich beim BU-Rating 2025 ändert
"Für Selbstverständlichkeiten gibt es keine Extrapunkte mehr, damit steigt das Gewicht von Kriterien, die tatsächlich einen Unterschied machen", erklärt Franke. Damit Versicherer einmal erreichte Standards nicht unterlaufen oder für Kunden negative Regeln einführen, blieben diese Kriterien jedoch weiterhin Mindeststandards. Das betrifft zum Beispiel weltweiten Versicherungsschutz, kundenfreundliche Regelungen, wenn die Anzeigepflicht schuldlos verletzt wird, das Festschreiben von Beruf und Lebensstellung bei vorübergehendem Ausscheiden aus dem Beruf und den Verzicht auf abstrakte Verweisung bei Erstprüfungen.
Für einige Leistungen vergibt das neue BU-Rating mehr Punkte als zuvor. Das betrifft neben anderen die Regeln bei Arbeitsunfähigkeit (AU-Klausel). Während viele Tarife erst nach sechsmonatiger AU zahlen, gibt es bei leistungsstarken Tarifen bereits nach drei oder vier Monaten Geld, sofern eine BU-Prognose für sechs Monate vorliegt. Ebenfalls höher bewertet werden jetzt besonders kundenfreundliche Regelungen beim Wegfall von Krankengeld. Bestehen Krankentagegeld und BU-Vertrag beim selben Konzern, sollte zum Beispiel ein nahtloser Übergang der Leistungen gewährleistet sein.
Nur jeder dritte BU-Tarif noch Spitze
Tarifqualität hin oder her – die Stunde der Wahrheit schlägt erst im Leistungsfall. Deshalb zieht FuB seit 2019 das Abschneiden beim BU-Leistungspraxisrating zur Bewertung von BU-Tarifen heran. Jetzt wurde die Gewichtung des Kriteriums erhöht. Und weil BU-Verträge über viele Jahre hinweg Schutz zum kalkulierbaren Preis bieten müssen, spielt die Stabilität des Versicherers ebenfalls eine Rolle. "Überschusssenkungen und damit Erhöhungen der Zahlbeiträge während der Laufzeit einer BU sind heute keine Seltenheit mehr", kritisiert Franke.
Für das Rating zu selbstständigen BU-Tarifen (SBU) hat FuB 121 Tarife von 54 Versicherern nach 74 Kriterien analysiert. Nach der notwendigen Neujustierung der Ratingkriterien erhält 2025 nur noch jeder dritte Tarif (34,71 %) die Bestnote (Vorjahr: 57 %). 17 von 54 Gesellschaften platzieren mindestens einen Tarif in der Top-Gruppe. Eine Auflistung aller Ergebnisse gibt es hier (externer Link).
Überwiegend gute Beitragsstabilität, aber …
Im Vorjahr hatte der Map-Report in seinem "Stabilitätsrating der BU-Versicherer" beobachtet, dass die Prämiengestaltung im Markt weiter sehr aggressiv ausgerichtet und die jeweilige Durchschnittsprämie von einigen Versicherern um 40 Prozent unterschritten worden war. Andererseits zeigten Marktbeobachtungen von FuB seit 2010, dass einige Versicherer die Überschüsse im BU-Bestand nach unten angepasst haben und Kunden so eine höhere Prämie zahlen mussten oder Leistungen einbüßten. Im neuen Rating (Map-Report Nr. 938) wurde daher besonderes Augenmerk darauf gelegt, welche Versicherer langfristig verlässliche Konditionen bieten.
Ergebnis: 39 Gesellschaften erhielten eine Gesamtbewertung. Davon schnitten drei Anbieter hervorragend ab: LV 1871, Continentale und Allianz. Die Spitzenbewertung nur knapp haben diese Gesellschaften verfehlt: Zurich Deutscher Herold, Interrisk, Provinzial, Helvetia, Hannoversche und Swiss Life. Vier weitere Versicherer stellten sich dem noch deutlich umfangreicheren BU-Unternehmensrating von FuB, bei dem Einblick in interne Kennzahlen und Prozesse genommen wird, und schnitten bei der Beitragsstabilität ebenfalls hervorragend ab: Nürnberger, HDI, Ergo Vorsorge und Generali. 16 Gesellschaften erhielten nur Teilbewertungen, weil Daten fehlten. Eine Zusammenfassung zum BU-Stabilitätsrating 2025 gibt es hier (externer Link).
… immer noch großer Brutto-Netto-Spread
Eine große Differenz zwischen Netto- und Bruttoprämie in der BU-Versicherung kann für Kunden unter Umständen stark steigende Beiträge zur Folge haben. "Gemeinhin gilt: Je größer der Abstand zwischen Netto- und Bruttoprämie, umso größer ist das Risiko steigender Prämien", weiß Reinhard Klages, Verantwortlicher des Map-Reports. Nettobeitragsanpassungen im Bestand habe es in den vergangenen Jahren bereits bei diversen Gesellschaften gegeben. Immerhin ist der Brutto-Netto-Spread, also die durchschnittliche Differenz zwischen aktuellem Zahlbeitrag (netto) und maximal möglichem Höchstbeitrag (brutto), rückläufig: Lag die Differenz 2016 im Schnitt noch bei 36,1 Prozent, ging sie über 33,9 Prozent 2019 im aktuellen Geschäftsjahr auf 31,7 Prozent zurück – siehe folgende Grafik.
"Die Differenz zwischen den Brutto- und Nettoprämien wird vom Überschusssatz geprägt", erklärt Klages. Senkungen der Überschussanteile gelten als der stärkste Indikator dafür, dass die Kalkulation schon in der Vergangenheit nur teilweise aufgegangen ist. "Im Bewertungszeitraum wurden die Überschüsse von einigen Anbietern teils deutlich reduziert", so Klages weiter. "Für das kommende Jahr wurden bereits Reduzierungen angekündigt", blickt der Analyst voraus.
Höherer Rechnungszins bewirkt niedrigere Überschussbeteiligung
Seit Erhöhung des Rechnungszinses von 0,25 Prozent auf 1,0 Prozent sind die Bruttoprämien (also der Preis vor Rabatten) im Schnitt um 5,0 Prozent gesunken, berichtet der Map-Report. Die Überschüsse (Sofortverrechnung) entstünden größtenteils aus Risikogewinnen. Die hätten sich kaum verändert. Damit sinkt der Brutto-Netto-Spread tendenziell. Im laufenden Rentenbezug sei die Überschussbeteiligung durchschnittlich um die erwarteten, proportionalen 0,75 Prozentpunkte zurückgegangen.
Hintergrund: Tatsächlich dürfte von der Logik her das Zinsergebnis formal identisch bleiben, da ja der Garantiezins um 0,75 Prozentpunkte steigt. In der BU-Leistungsphase wird der Vertrag weiterhin an Überschüssen beteiligt, die vorrangig aus dem Kapitalanlageergebnis stammen. Fallen keine Überschüsse an, entfällt die Rentensteigerung. (dpo)