Erste Erfahrungen: Das sagen Versicherungsvermittler zur ESG-Abfrage
Das Thema Nachhaltigkeit gehört seit Anfang August zum täglichen Brot für Versicherungsvermittler, wenn sie Lebensversicherungen vertreiben. Eine Blitzumfrage nach einem Monat Praxiserfahrung ergab, wo der Schuh noch drückt.
Versicherungsvermittler müssen sich seit Jahren mit immer neuer Regulation herumschlagen. Jüngst kam am 2. August die Pflicht für Vermittler, die Lebenspolicen vertreiben, ihre Kunden nach den Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen. Im Moment bestehen aber immer noch Informationsdefizite bei den Beratern zu der ESG-Anfrage. Zudem "fremdeln" einige mit dem Thema Nachhaltigkeit allgemein, wie eine zweite Online-Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und des German Sustainability Network (GSN) im September zeigt. Zwar sind die 153 teilnehmenden Vermittler keine repräsentative Gruppe, einen Fingerzeig geben ihre Angaben aber dennoch.
In Bezug auf das Wissen der Vermittler förderte die Umfrage zutage, dass jeweils rund die Hälfte der Berater nur die "Basics" der Inhalte und der Ziele der ESG-Präferenzabfrage sowie der Details der erweiterten Eignungsprüfung kennt. Rund zehn Prozent sind nach eigenen Angaben voll informiert, während rund 40 Prozent immer noch wenig oder gar keinen Durchblick bei diesen Punkten haben. Hilfe fordern sie übrigens in erster Linie von den Versicherungsgesellschaften. Zudem kam heraus, dass die am Markt verfügbaren Abfragetools von 69 Prozent der Befragten als überwiegend ungeeignet bewertet werden. 78 Prozent der Vermittler fühlen sich zudem davon gestört, unterschiedliche Abfragelogiken verwenden zu müssen.
"Zwang zur Nachhaltigkeit"
Die Info-Lücken einiger Vermittler können damit zusammenhängen, dass immerhin 28 Prozent der befragten Vermittler angeben, dass sie sich gezwungen fühlen, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen. Aus voller Überzeugung sind nur 34 Prozent dabei. Das schlägt sich auch in den konkreten Nachhaltigkeitsstrategien der Betriebe nieder: 37 Prozent sprechen Kunden immer auf ESG-Themen an, 43 Prozent machen nur das, was der Gesetzgeber ihnen vorschreibt, oder reagieren, wenn sie direkt von Kunden angesprochen werden. Dazu passt, dass 36 Prozent der Umfrageteilnehmer in den ersten Wochen seit Startschuss der ESG-Präferenzabfrage Nachhaltigkeitsaspekte von sich aus nicht angesprochen haben. Die Hälfte (49 %) hat es nur maximal zehn Mal getan.
Allerdings gaben die Vermittler auch an, dass sie von Kunden im August nur selten auf Nachhaltigkeitsaspekte angesprochen worden: 66 Prozent der Vermittler hatten nie eine Anfrage, 25 Prozent nur maximal zehn Ersuche. In den vergangenen zwölf Monaten war es nur geringfügig öfter, dass Kunden das Thema Nachhaltigkeit auf den Tisch brachten.
Verbraucher würden mehr für nachhaltige Policen zahlen
Eine Umfrage des Online-Maklers Finsurancy im Juli unter 424 Verbrauchern zu deren Einstellung zu nachhaltigen Policen ergab, dass für immerhin 45 Prozent eine nachhaltige Police (Leben und Komposit) wichtig oder sogar sehr wichtig ist. Dagegen war eine solche nur für ein Drittel unwichtig. Und fast 60 Prozent gaben an, dass sie durchaus eine "konventionelle" gegen eine nachhaltige Police tauschen würden. Zwei Drittel würden auch höhere Prämien für ein nachhaltiges Versicherungsprodukt zahlen – 32,5 Prozent der Befragten zumindest fünf Prozent mehr, eine kleine Gruppe (12,5 %) sogar bis zu 25 Prozent mehr. (jb)